NRW:Am helllichten Tag

Eine 13-Jährige wurde in Velbert missbraucht. Mindestens acht Jugendliche sollen sich an ihr vergangen haben.

In einem Waldstück im nordrhein-westfälischen Velbert sollen sich mindestens acht Jugendliche an einem 13-jährigen Mädchen vergangen haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Wuppertal sitzen sechs von ihnen in Untersuchungshaft, zwei weitere sind auf der Flucht. Die Jugendlichen sind zwischen 14 und 16 Jahren alt.

Die Tat habe sich bereits im April ereignet, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Um das junge und schwer traumatisierte Opfer zu schützen, habe man die Öffentlichkeit nicht früher über den Vorfall informiert. Einige der Verdächtigen hätten die Tat bereits gestanden, andere beschuldigen sich gegenseitig. Die Beweislage ist aber vergleichsweise eindeutig: Die Gruppe hat die Tat mit einem Handy gefilmt.

Der Staatsanwaltschaft Wuppertal zufolge hatten die Jugendlichen das Mädchen und seine Freundinnen zunächst in einem Schwimmbad belästigt. Auf dem Weg nach Hause hätten sie die 13-Jährige dann abgepasst, in einen Wald gezerrt und missbraucht. Die Staatsanwaltschaft spricht von "drastischen Sexualstraftaten". Einen Haupttäter habe es nicht gegeben, einige hätten sich mehr an der Tat beteiligt, andere weniger.

Eine Spaziergängerin rettete das Opfer schließlich. Die Frau habe zuvor mitbekommen, dass die Familie der 13-Jährigen nach dem Kind suchte. Sie sprach die Jugendlichen scharf an, als sie auf die Gruppe traf. Daraufhin sollen diese die Flucht ergriffen haben. Nach dem Fall Susanna F. und der tödlichen Messerattacke auf ein Mädchen im niederrheinischen Viersen beschäftigt nun also ein neuer schwerer Fall von Gewalt die Polizei, bei dem eine Jugendliche das Opfer ist.

Eine zufällige Häufung? "Es ist immer schwierig, von einem Trend zu sprechen, nur weil gerade vermehrt über Jugendgewalt berichtet wird", sagt der Soziologe Dirk Baier der SZ. Delikte wie Vergewaltigung mit jugendlichen Tätern sind relativ selten. Auch Mord und Totschlag bei Jugendlichen gehe nach Angaben Baiers, Professor an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, seit Jahren deutlich zurück.

Baier hat mit seinen Kollegen Christian Pfeiffer und Sören Kliem im Januar eine neue Langzeitstudie zur Jugendgewalt veröffentlicht. Demnach hat sich die Jugendgewalt in den Jahren 2007 bis 2015 halbiert. Nur in den vergangenen zwei Jahren hat es wieder einen leichten Anstieg gegeben, von besorgniserregenden Entwicklungen wollte Baier nicht sprechen. Die Gesellschaft, sagte der Soziologe, müsse sich aber ständig kritisch befragen: "Gibt es genug Gewaltprävention? Bietet unsere Gesellschaft Jugendlichen genügend Perspektiven? Gibt es genug Gewaltprävention?"

Der Staatsanwaltschaft in Wuppertal zufolge sind die Verdächtigen zuvor nicht oder kaum strafrechtlich auffällig geworden. Alle haben in Velbert gelebt.

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