Norwegen:Trophäen aus dem Nordmeer

In Norwegen dürfen jetzt erstmals Touristen auf Robbenjagd gehen.

Von Gerhard Fischer

Natürlich gab es auch Widerstand. Erst kürzlich demonstrierten norwegische Tierschützer vor dem Parlament in Oslo. Sie protestierten im Allgemeinen gegen die Robbenjagd ihres Landes und im Besonderen dagegen, dass mit Beginn der Jagdsaison im März erstmals Touristen in Norwegen auf Robben schießen dürfen.

Robbenbaby

Weiße Robben werden bald begehrte Trophäen der Safari-Touristen in Norwegen sein.

(Foto: Foto: dpa)

Später zog der kleine Protestzug weiter vor die kanadische Botschaft, um gegen die Jagd und die Tötungsmethoden in Kanada sowie gegen den umfangreichen Import von kanadischen Robbenfellen nach Norwegen zu protestieren. Viele Tierschützer waren es jedoch nicht: Insgesamt etwa 50. Denn die meisten Norweger - nach einer Umfrage der Zeitung Verdens Gang sind es 69 Prozent - haben nichts gegen die Robbenjagd.

Robben- und Waljagd haben in Norwegen Tradition. Die Fanggebiete erstrecken sich weit in den Nordostatlantik hinaus, bis nach Spitzbergen und zur Insel Jan Mayen unweit von Grönland.

Vorschlag vom Fischereiminister

Etwa 2,7 Millionen Robben leben in diesen Gewässern, unmittelbar vor der Küste Norwegens sind es rund 12 000. Norwegische Jäger dürfen jährlich mehr als 30 000 Tiere töten, davon 2000 in küstennahen Gebieten; das Außenministerium hat diese Abschussquote für ökologisch notwendig erklärt.

Doch für die norwegischen Jäger ist die Quote vor allem in den küstennahen Gewässern gar nicht zu schaffen. Ihre Kapazitäten reichen für die schwierige Jagd im Wasser nicht aus.

Deshalb sollen ihnen nun Touristen dabei helfen. Im Juni 2004 hat das Parlament auf Anregung von Fischereiminister Svein Ludvigsen beschlossen, die Robbenjagd für Ausländer ab März 2005 freizugeben. Das soll viel Geld für die Tourismusbranche bringen.

Safari auf nordische Art

Für 170 Euro kann man an einer eintägigen Jagd teilnehmen, auch Wochenpakete werden angeboten. Rolf Kollström vom Anbieter "Norsafari" sagt, dass sich vor allem Interessenten aus Deutschland gemeldet hätten.

Dass andere Touristen wegen dieser Art von Robbenjagd künftig nicht nach Norwegen reisen würden, glaubt man bei Norsafari indes nicht. "Wer meidet denn Spanien wegen der Stierkämpfe?", fragt Kollströms Kollege Kjell Arne Hovland.

Auch das Außenministerium in Oslo steht Kritik eher gelassen gegenüber. Die norwegischen Quoten für den Robbenfang beruhten auf wissenschaftlichen Empfehlungen, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums. Mit dem Abschuss solle der Bestand in gesunden Grenzen erhalten werden.

Begehrtes Fell

Sei er zu hoch, gebe es für die Tiere zu wenig zu fressen. Die Robben würden dann langsamer wachsen, leichter erkranken, seien später geschlechtsreif und weniger fruchtbar. Und sie schwämmen in küstennahe Gebiete, wo sie Fischzuchtanlagen und Fangnetze zerstörten und Parasiten auf Fische übertrügen.

Ein weiteres Argument für die Fangquoten und die neuen Jagdangebote für Touristen ist, dass die Robben den Fischern die Fische wegfressen. Laut Außenministerium vertilgen die Robben im Nordostatlantik so viele Heringe, wie die Menschen fangen.

Nicht zuletzt lassen sich Speck und Fell der Tiere zu Geld zu machen. Das Fell der norwegischen, grönländischen und kanadischen Robben wird in Norwegen verarbeitet, Kleidungsstücke daraus werden teuer verkauft.

Nur Gewehr und Robbenhaken erlaubt

Den Protesten von Tierschützern entgegnet das Ministerium, dass Jungtiere nicht gefangen werden dürften, und dass die Fangmethoden nicht mehr so grausam seien wie früher.

Erlaubt sind nur Gewehr und Robbenhaken. Norwegens Robbenfänger müssten jedes Jahr einen Lehrgang und eine Schießprüfung absolvieren, und auf den Schiffen würden Tierärzte oder ähnlich ausgebildete Experten mitfahren, um die Fangmethoden zu überwachen.

Tierschützer allerdings bezweifeln diese Darstellung der Dinge. Die Tierärztin Siri Martinsen von der norwegischen Tierschutzorganisation Noah etwa glaubt, dass nicht alle Sachverständigen objektiv seien: "Es besteht die große Gefahr, dass auch norwegische Robbenjäger den Tieren große Leiden zufügen." Nur sei das schwer zu beweisen.

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