Norderstedt:Männerfreie Zonen?

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Derzeit klärt man die Badegäste in Norderstedt per Piktogramm auf. (Foto: dpa)

In einem Erlebnisbad in Norderstedt sind zwei Mädchen sexuell belästigt worden. Nun überlegt man, wie sich an einem solchen Ort die Sicherheit erhöhen lässt. Nicht jede Idee findet Unterstützung.

Von Thomas Hahn, Norderstedt

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Wellenbecken und Wildwasserrutsche im Norderstedter Erlebnisbad Arriba. Das muss man wissen, sonst kommt man zu falschen Schlüssen. Dass die Wildwasserrutsche am Samstagabend gesperrt war, hatte nichts damit zu tun, dass es in der Anlage am vorvergangenen Sonntag zu einem Fall von sexueller Nötigung gegen zwei Mädchen gekommen ist. Sie war gesperrt, weil das Wellenbecken nebenan in Betrieb war. Als sich das Wasser dort beruhigt hatte, gingen in der gewundenen Kunststoffröhre die Stromschnellen wieder an, und der Einstieg war frei.

Aber es stimmt, die Sicherheitsvorkehrungen haben sich verändert seit dem Vorfall. Ein bundesweites Echo hat dieser Umstand gefunden, seit das Amtsgericht Norderstedt Haftbefehl wegen des Verdachts der Vergewaltigung gegen die Beschuldigten, zwei Afghanen im Alter von 34 und 14 Jahren, erlassen hat. Die meiste Aufmerksamkeit erregte dabei nicht die Tatsache, dass die Bad-Leitung das Sicherheitspersonal um drei Männer verstärkt hat und weitere Überwachungskameras installieren will. Sondern ihr Plan, manche Attraktionen im Bad zeitweise nur für Frauen und Kinder freizugeben.

Der Plan wirkt wie die nächste Spätfolge der Silvestervorkommnisse von Köln, als Männer ausländischen Aussehens Hunderte Frauen belästigten. Er scheint ein Zeichen dafür zu setzen, dass das Misstrauen noch ein Stück tiefer in die Spaßgesellschaft gekrochen ist. Es gab viel Kritik in den sozialen Netzwerken. "Wenn ich als Mann und Vater nicht mit meinen Söhnen rutschen darf, fühle ich mich diskriminiert", schrieb ein Badegast auf Facebook.

Viele Beobachter hatten indes zunächst den Eindruck, die Arriba-Leitung nehme den Vorfall nicht ernst genug. Dann zeigten Stadt und Bad eine Reaktion, und nun steht der Vorwurf der Übertreibung im Raum, auf den wiederum Oliver Weiß, Pressesprecher der Stadtwerke Norderstedt, reagiert. "Das ist zum jetzigen Zeitpunkt eine Idee, die wir prüfen", sagt er, um den Ärger zu dimmen. "Wir wollen rausfinden, ob die Idee tatsächlich dazu beiträgt, dass die Gäste sich wohler fühlen, und inwieweit sie für alle Gäste akzeptabel ist."

Das Thema Sicherheit ist ein besonders sensibles Thema für Unternehmen, zu deren Geschäft die Zusammenkunft von Menschen gehört. Sicherheit ist hier die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Und Weiß betont, dass das Arriba schon erfolgreich Sicherheitslücken geschlossen habe nach einem Vorfall im Sommer 2014 an der großen Wasserrutsche "Magic Eye". Junge Männer belästigten damals fünf Mädchen. Seither gibt es mehr Kameras, eine Ampelanlage und ein Rutschverbot ohne Reifen. "In dem Bereich des Bades gab es seither keinen weiteren Vorfall", sagt Weiß.

Auf gesellschaftliche Debatten lässt sich Weiß nicht ein. Er kann nur sagen, "wie wir damit umgehen, den Betrieb im Erlebnisbad so zu gestalten, dass die Gäste sich wohlfühlen." Immerhin, die Bad-Betreiber leitet beim Kundenschutz kein Ressentiment. Nationalität und Aufenthaltsstatus der Beschuldigten interessieren den Sprecher Weiß nicht bei schweren Verstößen gegen die Badeordnung. "Wenn es einen Übergriff dieser Art gibt", sagt er, "ist es schlimm genug."

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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