Niederlande:"Spuck-Kit" für Busfahrer

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  • "Lieber kriege ich eins auf die Birne, als angespuckt zu werden", hat ein Busfahrer gesagt. Um nicht mehr angespuckt zu werden, setzen er und seine Kollegen auf eine neue Methode.
  • Mittels DNA-Proben sollen die Spucker identifiziert und bestraft werden.

Von Sophie Burfeind

Wer in den Niederlanden Busfahrer werden will, sollte sich das gut überlegen, denn das Risiko ist groß, bespuckt zu werden. "In den Niederlanden ist das nicht ungewöhnlich", sagt Eric Bosman, Sprecher der Amsterdamer Verkehrsbetriebe GBV. Rund 45 Fälle gebe es pro Jahr in Amsterdam, 2014 seien elf Prozent der Fahrer bespuckt worden, darunter hin und wieder auch Trambahnfahrer.

Gibt es keinen Treffer, wird die Probe trotzdem zwölf Jahre gespeichert

Spuckende Passagiere sind nicht schön, und weil sie schon so lange ein Problem sind, hat sich die GBV nun etwas einfallen lassen. Die Bus- und Trambahnfahrer werden neuerdings mit einem Set ausgestattet, das die Tätersuche erleichtern soll, einem "Spuck-Kit". Bei einer Attacke nimmt der Fahrer mit einem Wattestäbchen etwas Speichel auf und gibt diese DNA-Probe in ein Döschen. Die Polizei gleicht die Spuren mit der nationalen DNA-Datenbank ab. Kann sie den Angreifer ermitteln, kommt es zur Anzeige; wobei zusätzlich noch Videoaufnahmen als Beweis nötig sind. Gibt es keinen Treffer, wird die Spuckprobe trotzdem zwölf Jahre lang gespeichert. Zwei Jahre lang hat die GBV an dem Projekt gearbeitet, es ist teuer: Jeder Vorgang kostet 800 Euro. Doch der Behörde ist es ernst. Das Personal wurde von Forensikern geschult, die ersten DNA-Kits sind schon im Einsatz.

Angespuckt zu werden ist - nicht nur für Busfahrer - eine der schlimmsten Beleidigungen überhaupt. John Nederlof, seit 30 Jahren im Dienst in Amsterdam, sagte der Zeitung Metro: "Lieber kriege ich eins auf die Birne, als angespuckt zu werden." Fünf Mal sei der 55-Jährige schon bespuckt worden, beim ersten Mal sei er zur Toilette gerannt und habe sich 20 Mal das Gesicht gewaschen. Beim bislang letzten Mal habe er am Ende seiner Nachtschicht einen Betrunkenen gebeten, an der Endhaltestelle auszusteigen. Der Mann schrie, dann spuckte er.

Anspucken als "merkwürdige Mode"

Auch in Deutschland werden Busfahrer bespuckt. "Mir kommt es so vor, als ob das seit zwei bis drei Jahren eine merkwürdige Mode ist", sagt zum Beispiel Petra Reetz, Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe. Pro Tag seien 1200 Buslinien mit 3000 Fahrern unterwegs, da, schätzt sie, "kann das schon einmal pro Tag passieren". Gegenmaßnahmen wie die der Amsterdamer Kollegen seien jedoch schwierig: DNA-Proben entnehmen ist in Deutschland aus Datenschutzgründen verboten. Die Fahrer bekämen Deeskalationstrainings, es ist ja so: Die Spuck-Attacken sind längst nicht die einzige vorkommende Form der Beleidigung.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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