Neue Regeln zum Nichtraucherschutz:Der letzte Zug im Bahnhof

Harte Zeiten für Raucher in Deutschland: Vom 1. September an ist das Qualmen in Taxis, öffentlichen Gebäuden und in Zügen verboten. Auch Bahnhöfe sind künftig rauchfreie Zonen. Statt auf Strafen setzt man bei der Bahn auf Information.

Matthias Kolb

Für Ulla Schmidt ist die Sache klar: "Beim Gesundheitsschutz darf es keine halben Sachen geben." Die Bundesgesundheitsministerin hält Passivrauchen für ein vermeidbares Gesundheitsrisiko und hat sich deswegen stets für ein möglichst umfassendes Rauchverbot eingesetzt. Ab dem 1. September 2007 treten zahlreiche Neuregelungen in Kraft.

Raucher, Kostüm, dpa

Harte Zeiten für Raucher: Das Archivbild aus dem Jahr 2005 zeigt eine als Kippe verkleidete Person im Abteil eines Nahverkehrszuges.

(Foto: Foto: dpa)

Künftig ist das Qualmen in allen öffentlichen Verkehrsmitteln wie Zügen, Straßenbahnen, Flugzeugen, Bussen sowie auf Fähr- und Linienschiffen komplett untersagt. Die speziell gekennzeichneten Raucherwagen gibt es nicht mehr.

An den 5700 Bahnhöfen ist das Qualmen ebenfalls verboten. Allerdings gibt es Sonderregelungen: An den 330 großen Bahnhöfen der Republik (als solche gelten Bahnhöfe mit mehr als 10.000 Passagieren pro Tag) ist das Rauchen auf Bahnsteigen in speziell ausgewiesenen Bereichen zugelassen. Diese sind mit leuchtend gelben Markierungen versehen, zudem stehen Aschenbecher bereit.

Verständnis der Reisenden erwartet

Bahnchef Hartmut Mehdorn nennt die Entscheidung einen "richtigen Schritt". Die Mehrheit der Bahnkunden stehe hinter dieser Entscheidung, was sich laut Mehdorn auch in der stark rückläufigen Nachfrage nach Raucherplätzen widerspiegele.

Bei der Deutschen Bahn setzt man vor allem auf Information: "Wenn ein Reisender am Bahnhof raucht, wird er auf die neue Regelung hingewiesen", erklärt eine Sprecherin. Ein Bußgeld werde erst mal nicht verhängt und man hoffe auf das Verständnis der Reisenden. Wer eine Kippe wegwirft, muss jedoch mit einem Reinigungsentgelt von 20 Euro rechnen.

Das komplette Rauchverbot gilt ebenfalls für Bundesbehörden und Dienststellen ebenso wie für Gerichte, Anstalten, Stiftungen und die großen Sozialversicherungsträger. Ebenfalls betroffen sind Bundestag, Bundesrat und das Bundespräsidialamt.

Außerdem ist das Qualmen auch in Räumen untersagt , die nur von einer Person als Dienst- oder Arbeitsraum genutzt werden. Allerdings soll es weiter möglich sein, in den Dienstgebäuden Raucherräume einzurichten.

Es gilt das Opportunitätsprinzip

Für die Strafen gilt allgemein: Wer gegen das Gesetz verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Diese können mit Bußgeldern zwischen fünf und 1000 Euro geahndet werden. Das Gesundheitsministerium weist auf seiner Website darauf hin, dass bei Ordnungswidrigkeiten das Opportunitätsprinzip gelte.

Das bedeutet im Klartext: Es muss nicht, kann aber sanktioniert werden. Ermessensmaßstab sind stets die Umstände des Einzelfalls. Die Höhe des Bußgeldes hängt von der Schwere der Ordnungswidrigkeit ab. Dabei spielt unter anderem eine Rolle, ob ein erstmaliger oder ein wiederholter Verstoß vorliegt.

Künftig ist das Qualmen auch in Kraftfahrzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Kindergarten- und Schulkindern sowie von Behinderten verboten.

Außerdem sind alle Taxis künftig rauchfrei - bislang gab es eigens gekennzeichnete Nichtrauchertaxis. Welche Strafen für Sünder - sowohl unter den Fahrern als auch unter den Gästen - jedoch gelten werden und wer diese durchsetzen soll, kann Reinhard Zielinski von der Taxi-Genossenschaft München nicht sagen: "Wir wissen momentan nur, dass ein entsprechendes Schild am Wagen angebracht werden muss."

Rauchverbot für Minderjährige

Besonders strikt sind die Regelungen zum Schutz Minderjähriger. Wer unter 18 Jahren alt ist, darf nicht mehr in der Öffentlichkeit rauchen. Zudem dürfen an unter 18-Jährige keine Tabakprodukte mehr verkauft werden - bisher lag das Mindestalter bei 16 Jahren.

Diese Regelung gilt jedoch zunächst nur für Supermärkte und Kioske - die Zigarettenautomaten müssen erst zum 1. Januar 2009 umgerüstet werden. Von diesem Stichtag an dürfen nur noch Erwachsene mit einer Geldkarte Zigaretten ziehen.

Die Kosten für die Industrie schätzt die Regierung auf 30 Millionen Euro. Außerdem dürfen Werbefilme für Tabakwaren und alkoholische Getränke im Kino erst ab 18 Uhr gezeigt werden.

Nichtraucherschutz in den Ländern

Die Bundesländer hatten sich am 22. März 2007 nicht auf eine einheitliche Regelung einigen können. Die 16 Länder verabschieden nach und nach eigene Gesetze, um das Rauchen umfassend zu verbieten.

Besonders schnell reagierten Niedersachsen, Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern: Dort ist der Tabakkonsum schon seit August in Landesbehörden, Schulen, Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kinder- und Jugendeinrichtungen untersagt.

In Niedersachsen und Baden-Württemberg gilt das Rauchverbot auch in Gaststätten. Die meisten anderen Länder, darunter auch Bayern, wollen zum Jahreswechsel nachziehen. Im Freistaat gilt jedoch eine wichtige Ausnahme: Bierzelte sind vom Rauchverbot ausgenommen.

Ein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln ist in den meisten europäischen Ländern schon Realität. Das Rauchen in Regierungseinrichtungen, an Arbeitsplätzen und in kulturellen Institutionen ist in 60 Prozent der Länder in ganz Europa verboten, heißt es im Europäischen Tabak-Kontrollbericht 2007 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Europa.

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