Nächtliches Wodka-Verbot:Ernüchterung in Moskau

Harte Bandagen gegen die grassierende Trunksucht: In der Millionenstadt Moskau darf nachts künftig kein starker Alkohol mehr verkauft werden - der Bürgermeister hat das geltende Verbot um drei Stunden erweitert.

Neue Ernüchterung für Russlands Wodka-Trinker: In der Millionenstadt Moskau dürfen Läden starken Alkohol mit mehr als 15 Prozent künftig nicht mehr zwischen 22 und 10 Uhr verkaufen. Zur Bekämpfung der Trunksucht habe Bürgermeister Juri Luschkow das bisher geltende Verbot noch um drei Stunden erweitert, teilte die Stadt Moskau mit.

Flasche Wodka in Moskau

Starker Alkohol wie etwa Wodka darf ab September in Moskau zwischen 22 und 10 Uhr nicht mehr verkauft werden.

(Foto: AP)

Das Verbot trete am 1. September in Kraft, meldeten die Nachrichtenagenturen RIA Nowosti und Interfax. Für Wein und Bier gilt das Verbot nicht. Für die Kontrolle sei die Polizei zuständig.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat dem Alkoholkonsum den Kampf angesagt. Medwedew hatte unlängst eine Null-Promille-Grenze für Autofahrer eingeführt. Außerdem gilt als Kampfansage gegen Panscher und Schwarzbrenner inzwischen ein staatlicher Mindestpreis für eine 0,5-Liter-Flasche des Nationalgetränks Wodka, der bis 2013 auf mehr als das Doppelte steigen soll. Geplant ist eine stufenweise Erhöhung von derzeit 89 auf 200 Rubel (rund 5 Euro).

Ärzte fürchten, dass die Russen sich bei Verkaufsverboten und höheren Preisen wieder vermehrt mit Industrie-Alkohol, Frostschutzmitteln oder anderen Ersatzstoffen berauschen. Wegen der starken Alkohollobby in Russland gelten staatliche Maßnahmen als schwer durchzusetzen. Schon zu Sowjetzeiten - etwa unter Präsident Michail Gorbatschow - waren ähnliche Versuche gescheitert.

Im größten Land der Erde werden jedes Jahr pro Kopf durchschnittlich 14 Liter reiner Alkohol getrunken, in Deutschland sind es 10. Die Gesellschaftskammer, ein Experten-Gremium zur Lösung nationaler Probleme, beziffert den wirtschaftlichen Schaden durch den Alkoholrausch auf rund 39 Milliarden Euro pro Jahr - etwa für die kostspielige Behandlung von Alkoholkranken.

Amtlichen Zahlen zufolge sterben jährlich 500.000 Russen am Alkoholmissbrauch, die Lebenserwartung der männlichen Bevölkerung ist dadurch geringer als die in verarmten Ländern wie zum Beispiel Bangladesch.

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