Nach Tod von schwarzem Teenager:Örtliche Polizei aus Ferguson abgezogen

Outrage In Missouri Town After Police Shooting Of 18-Yr-Old Man

Kritik an dem Vorgehen der Polizei in Ferguson gab es nicht nur von Seiten der Demonstranten. Nun stuft der Gouverneur die örtlichen Sicherheitskräfte zurück.

(Foto: AFP)

Die US-Kleinstadt Ferguson wirke wie ein "Kriegsgebiet": Nachdem ein Polizist den 18-jährigen Michael Brown erschoss, kam es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anwohnern. Nun zieht der Gouverneur von Missouri die örtliche Polizei ab.

  • Der Gouverneur des US-Bundesstaates Missouri zieht die örtlichen Polizeikräfte aus der Kleinstadt Ferguson ab. Nachdem ein Polizist einen schwarzen Jugendlichen erschossen hatte, war es zu Unruhen gekommen.
  • US-Präsident Obama bedauert die tödlichen Polizeischüsse.
  • Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisiert den bisherigen Polizeieinsatz.

Gouverneur zieht örtliche Polizei aus Ferguson ab

Seit der Teenager Michael Brown am vergangenen Samstag starb, ist Ferguson nicht zur Ruhe gekommen. In dem Vorort von St. Louis in Missouri gab es täglich Proteste gegen den gewaltsamen Tod eines schwarzen 18-Jährigen - und Zusammenstöße zwischen Polizisten und Anwohnern. Schwerbewaffnet patrouillierte die Polizei in den vergangenen Tagen durch die Kleinstadt, für ihr hartes Vorgehen wurde sie mehrfach kritisiert. Nun versucht der Gouverneur von Missouri, zur Deeskalation beizutragen: Er hat die örtliche Polizei aus Ferguson abgezogen.

Für die Sicherheit sei dort stattdessen ab sofort die Polizei des Bundesstaates zuständig, sagte Gouverneur Jay Nixon. Der Wechsel solle ein milderes Vorgehen der Sicherheitskräfte einleiten. "Dieser operative Wechsel wird allen Luft zum Atmen verschaffen." Der Ort wirke derzeit wie ein "Kriegsgebiet und das ist inakzeptabel", sagte Nixon. Die Polizei Missouris müsse nun das Vertrauen der Einwohner zurückgewinnen und für Ruhe in der Kleinstadt sorgen, sagte Nixon.

Das Vorgehen der Polizei während der Proteste

Nachdem ein weißer Polizist am Samstag den unbewaffneten schwarzen Jugendlichen Michael Brown - nach den Angaben des Schützen aus Notwehr - erschossen hatte, war es in den darauffolgenden Nächten zu Protesten, Plünderungen und Festnahmen gekommen.

Zunächst hatten die Polizisten der Stadt mit 21 000 Einwohnern sich zurückgehalten, dann aber gingen sie schwer bewaffnet sowie mit Tränengas und Rauchbomben gegen die Demonstranten vor. Sie setzten auch Gummigeschosse ein. Journalisten wurden teils schikaniert oder von der Berichterstattung abgehalten. Die Polizei nahm mindestens zwei Reporter gewaltsam fest, mehrfach war von Verstößen gegen die Pressefreiheit die Rede.

Die Reaktionen

Polizeichef Tom Jackson gestand später ein, dass die Polizei kein gutes Verhalten gezeigt habe. US-Präsident Barack Obama bedauerte den "herzzerreißenden" Tod des Jungen und sagte mit Blick auf die Untersuchung der Todesschüsse, die Polizei sei zur Transparenz verpflichtet. Er rief alle Beteiligten zur Ruhe auf. Die Sichergheitskräfte in Ferguson warnte der erste afroamerikanische US-Präsident vor einem "exzessiven Gewalteinsatz gegen friedliche Proteste". Außerdem kommentierte Obama die Festnahme der Journalisten: "Die Polizei sollte Journalisten nicht belästigen oder festnehmen, wenn sie ihre Arbeit erledigen." Zugleich gebe es "keine Entschuldigung" für Gewalt gegen Polizisten.

US-Justizminister Eric Holder teilte mit, die Polizei müsse darauf hinwirken, die Lage zu entspannen und nicht anzuheizen. Der Einsatz militärischer Ausrüstung und Fahrzeuge sende eine widersprüchliche Botschaft, die ihn zutiefst besorge.

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte den Polizeieinsatz. Die Polizei müsse aufhören, friedliche Demonstranten und Journalisten einzuschüchtern, hieß es in einer Mitteilung der Organisation. Mit Drohungen und dem unnötigen Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten verschlimmere die Polizei die Lage nur. "Sie sollte die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung aufrechterhalten und nicht untergraben", sagte eine Sprecherin.

Hintergrund: Militarisierung der Polizei

Die schwer bewaffnete örtliche Polizei in Ferguson ist kein Einzelfall. Polizeistationen können sich dank eines Programms des Verteidigungsministeriums kostenlos schwere militärische Ausrüstung zulegen. Das sogenannte 1033-Programm ermöglicht den kostenfreien Transfer überschüssigen Materials vom Pentagon an die Polizei in Gemeinden und Bundesstaaten. Darunter sind schwere Waffen wie Granatwerfer und gepanzerte, gegen Landminen geschützte Fahrzeuge, die auch in Ferguson zum Einsatz kamen. Die Bilder der schwer bewaffneten Polizei in Ferguson wurden mit US-Soldaten verglichen - und Einsätzen in Irak oder Afghanistan. Seit Beginn des Programms im Jahr 1997 wurde dem Pentagon zufolge Ausrüstung im Wert von mehr als 4,3 Milliarden Dollar (3,2 Mrd Euro) abgegeben.

In Ferguson versammelten sich am Donnerstagabend (Ortszeit) erneut Hunderte Menschen zu einem Protestmarsch - der ohne Gewalt verlief. Anders als in den Tagen zuvor wurden keine gepanzerten Fahrzeuge eingesetzt, die Nacht blieb friedlich. Die Demonstranten fordern, dass Details zum Tod Michael Browns veröffentlich werden.

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