Nach 22 Jahren in der Todeszelle:Gebürtige Berlinerin hat US-Gefängnis verlassen

Im Arizona State Prison saß Debra Milke 22 Jahre lang in einer Todeszelle.

Im Arizona State Prison saß Debra Milke 22 Jahre lang in einer Todeszelle.

(Foto: dpa)

22 Jahre verbrachte die gebürtige Berlinerin Debra Milke in einer Todeszelle im US-Bundesstaat Arizona. Sie soll den Mord an ihrem vierjährigen Sohn in Auftrag gegeben haben. Zweifel daran gab es immer. Wegen "verstörender" Verfahrensfehler läuft mittlerweile ein Berufungsprozess. Seit der vergangenen Nacht ist Milke gegen Kaution auf freiem Fuß.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten in der Todeszelle ist eine gebürtige Berlinerin aus dem Gefängnis im US-Bundesstaat Arizona freigekommen. Debra Milke konnte am Freitag die Haftanstalt in Phoenix gemeinsam mit ihrem Anwalt verlassen, sagte ein Gefängnissprecher. Die Polizei bestätigte, sie sei um kurz nach Mitternacht (MESZ) freigekommen. Unterstützer hinterlegten ihre Kaution von 250.000 Dollar (etwa 190.000 Euro), wie die Lokalzeitung Arizona Republic berichtete.

"Ich bin davon so überwältigt, ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll", habe sie ihrem Anwalt Mike Kimerer nach der Entscheidung verblüfft gesagt, berichtete das Blatt. Milke habe vor Freude geweint.

Bis zur Fortsetzung ihres Berufungsprozesses, dessen Zeitpunkt noch offen ist, ist die 49-Jährige unter Einschränkungen auf freiem Fuß. Milke war 1991 verurteilt worden, weil sie 1989 zwei Männer zur Ermordung ihres vierjährigen Sohnes angestiftet haben soll. "Die Beweise reichen nicht aus und die Wahrscheinlichkeit ist nicht groß genug, dass die Angeklagte die ihr zur Last gelegten Verbrechen begangen hat", begründete Richterin Rosa Mroz am Maricopa County Gericht ihre Entscheidung. Bereits im März hatte ein US-Bundesgericht in San Francisco das umstrittene Todesurteil wegen Mangels an Beweisen gekippt. Der Richter kritisierte "verstörende" Verfahrensfehler.

Milke muss ein Gerät bei sich tragen, mit dem sie jederzeit aufzufinden ist. Außerdem gelten für sie feste Zeiten, an denen sie in dem Haus sein müsse, das Freunde ihr der Arizona Republic zufolge in der Stadt Phoenix zur Verfügung stellen.

Debra Milkes Mutter Renate Janka, die ein Buch über den Fall geschrieben hat, kämpft seit Jahren für ihre Tochter - unterstützt von Prominenten wie Uschi Glas, Günther Jauch oder Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker. "Das ist ein ganz, ganz großer Gewinn. Wir freuen uns", sagte Glas am Freitag. "Für mich war immer klar, dass sie unschuldig ist." Laut einem Bericht der Bild-Zeitung will die Schauspielerin Milke in den USA besuchen.

Keine Gespräche mit der Presse

Milke war 1964 als Tochter einer Deutschen und eines US-Soldaten in Berlin geboren worden. Das Urteil gegen Milke war stets umstritten, weil es fast ausschließlich auf einem Geständnis basierte, das Milke nie abgelegt haben will. "Ich bin unschuldig", hatte sie etwa in einem Interview mit der Lokalzeitung New Times beteuert. Ihr Ex-Mann sagte dem TV-Sender Fox News, Milke sei hinter Gittern besser aufgehoben.

Nach Angaben des zuständigen Sheriffs Joe Arpaio stand Milkes Freilassung vor dem Wochenende nichts im Wege. Er betonte aber, dass sie auf keinen Fall mit der Presse sprechen werde und über ihren Aufenthaltsort keine Angaben gemacht würden. Es ist bislang unklar, wann das neue Hauptverfahren beginnt. Milke musste nach Anweisung des Berufungsgerichts auf freien Fuß gesetzt werden, wenn der Prozess nicht bis zum 7. Oktober beginnt. Die Richterin will nach Medienberichten zunächst entscheiden, ob sie die Aussage des Hauptbelastungszeugen Armando Saldate als Beweismittel zulässt. Der Polizist hatte im ursprünglichen Prozess ausgesagt, dass Milke ihm die Mitschuld an dem Mord gestanden habe. Für diese Behauptung gibt es aber weder Beweise noch Zeugen. Saldate hatte überdies seitdem in anderen Fällen vor Gericht falsch ausgesagt.

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