Nach ICE-Unfall bei Fulda:Das Rätsel der Schafherde

Nach dem Bahn-Unglück auf der Stammstrecke bei Fulda laufen die Ermittlungen und Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Die Schafherde wurde möglicherweise auf die Gleise getrieben - doch wie und warum?

Die Schafherde, die am Samstag das schwere ICE-Unglück bei Fulda verursacht hat, muss nach Ansicht des Züchterverbandes zu dem Tunnel getrieben worden sein. "Die Koppel war korrekt eingezäunt und noch dazu durch einen Bach vom Tunnel getrennt. Irgendetwas oder irgendjemand muss die Tiere aufgeschreckt haben", sagte die Geschäftsführerin des Schafzüchterverbandes Hessen, Dagmar Rothhämel.

Nach ICE-Unfall bei Fulda: Der entgleiste ICE im Tunnel bei Fulda.

Der entgleiste ICE im Tunnel bei Fulda.

(Foto: Foto: AP)

Ob die Schafe gezielt in den Tunnel geführt wurden, sei nicht zu sagen. Auch das Motiv erschließe sich nicht: "Es können Tiere gewesen sein, Hunde zum Beispiel. Vielleicht haben aber auch Menschen die Herde aufgeschreckt."

Weiter Behinderungen im Bahnverkehr

Nach dem schweren Bahnunfall werden unterdessen die Ermittlungen und die Aufräumarbeiten fortgesetzt. Im Tunnel war am Morgen zunächst die Oberleitung abgebaut worden, um mit dem Hilfsgerät besser an die Waggons zu kommen und sie wieder auf die Gleise zu stellen, wie ein Bahnsprecher sagte.

Am Vormittag wurde damit begonnen, Kräne von beiden Richtungen in den Tunnel hineinzufahren. 40 bis 50 Fachkräfte arbeiteten laut Bahn an der Bergung.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Der ICE soll gegen Mittag geborgen werden. Es sei geplant, den Zug über das Südportal aus dem Landrückentunnel herauszuziehen, sagte der Sprecher der Bundespolizei in Koblenz, Reza Ahmari, am Montag. Spezialisten seien dabei, den ICE wieder auf die Schiene zu stellen. Dann solle der Zug zur Reparatur geschleppt werden.

Auch die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen. Wie die Bundespolizei Koblenz am Montag mitteilte, untersucht die Behörde die Unfallursache in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei Kassel und dem Eisenbahnbundesamt. Im Unglückstunnel prüfen derzeit Gutachter der Deutschen Bahn das Ausmaß der Schäden.

Die Strecke soll wegen der Aufräumarbeiten und der Spurensicherung bis mindestens zum nächsten Wochenende gesperrt bleiben.

Die zuständige Bundespolizeidirektion in Koblenz konzentrierte sich bei ihren Ermittlungen weiterhin auf die Schafherde, die den Zug zum Entgleisen gebracht hatte. Die entscheidende Frage sei weiterhin, wie und warum die Schafe auf die Gleise kamen, sagte Bundespolizeisprecher Klaus Munsteiner.

Hierzu stehe die Aussage des Besitzers der Schafherde weiterhin im Raum, wonach die Schafe vermutlich auf die Gleise getrieben worden seien. Dies werde geprüft. Die Ermittler gehen den Angaben zufolge weiter davon, dass die Schafe den Unfall verursachten.

Eine Weiche an der Unglücksstelle sei vermutlich nur sekundär von dem Unfall betroffen und nicht ursächlich dafür gewesen. Dies werde aber von den Kollegen vor Ort überprüft. Ebenfalls untersucht wird laut Munsteiner auch seitens der Bahn die Frage, ob ein kurz vor dem Unfall in Gegenrichtung fahrender Zug, der ebenfalls Probleme mit Schafen auf den Gleisen gehabt haben soll, den späteren Unfallzug womöglich hätte warnen können.

Zeitung berichtet von früherem Zwischenfall

Die in Bielefeld erscheinende Neue Westfälische berichtete, wenige Minuten vor dem verunglückten ICE 885 habe auf der Gegenrichtung der ICE 782 mit Fußballern des Bundesligisten Arminia Bielefeld an Bord die Unglücksstelle passiert. Das Blatt meldete unter Berufung auf einen Bahnsprecher, der ICE 782 sei kurz vor Fulda "auf ein Schaf getroffen" und habe dadurch "eine längere Verspätung eingefahren".

Der Lokführer habe nach einem Halt an Ort und Stelle den Schaden überprüft und sich dann für eine Weiterfahrt entschieden. Ob er die ganze Schafherde sehen konnte oder womöglich den entgegenkommenden ICE 885 hätte warnen können, war demnach zunächst unklar.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: