Nach Frühchen-Tod in Bremen:"Viel zu spät reagiert"

Ein Mediziner erhebt schwere Vorwürfe gegen das Bremer Klinikum, in dem drei Frühgeborene an einem Keim gestorben sind. Die eingeleiteten Maßnahmen seien wirkungslos. Unterdessen wurden 15 Babys auf eine andere Station verlegt

Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, Klaus-Dieter Zastrow, erhebt dem Magazin Focus zufolge schwere Vorwürfe gegen das Klinikum Bremen-Mitte. Dort waren, wie vor einigen Tagen bekannt wurde, drei Frühgeborene an einem Keim gestorben. In der vorigen Woche hat die Gesundheitsbehörde die Untersuchung von Analabstrichen der Mitarbeiter angeordnet. "Das ist viel zu spät", sagte Zastrow. Die Behörde hat die Vorwürfe am Samstag zurückgewiesen.

15 Babys auf neue Station verlegt

Klinikum Bremen-Mitte: 15 Babys sind mittlerweile auf einer neuen Station untergekommen.

(Foto: dapd)

Fachleute vom Robert-Koch-Institut haben uns bescheinigt, dass die Klinik alles getan hat, was notwendig war", sagte Karla Götz, Sprecherin der Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD), der Nachrichtenagentur dpa. Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts sind in Bremen und beraten die Klinik derzeit.

Der Keim war in zwei Wellen aufgetreten. Erstmals wurde er Ende Juli bei einem Kind nachgewiesen. Im September, nachdem der Keim erneut entdeckt worden war, wurden die Hände der Stationsmitarbeiter kontrolliert. Dies nannte Zastrow "unsinnig", eine Erreger-Besiedelung der Hände hätte bedeutet, dass sich die Mitarbeiter lange nicht gewaschen hätten. Eine Krankenhaussprecherin hatte dem Focus gesagt, die Klinikleitung könne aufgrund von Mitbestimmungspflichten Abstriche nicht einfach so anordnen.

Die Untersuchungen des Stuhlgangs - drei Abstriche werden pro Mitarbeiter geprüft - wurde am 2. November nach dem Infektionsschutzgesetz angeordnet. Sprecherin Götz betonte, dass die Fachleute des Robert-Koch-Instituts in der Klinik sind und alle Schritte begleiten. Die Proben sollen helfen, die Herkunft des Erregers zu finden.

Das Bakterium Klebsiella pneumoniae, das die Infektionen bei den Frühchen in Bremen verursacht hat, tragen allerdings viele Menschen im Darm. Die Suche nach der exakten Herkunft des Keims schätzt unterdessen der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Egbert Herting, als sehr schwierig ein. "Die Chance, die Quelle zu finden, liegt bei unter 50 Prozent", sagte Herting. Einer von Herting mitverfassten Studie zufolge ziehen sich ein Sechstel der frühgeborenen Kinder in den ersten Wochen ihres Lebens eine Infektion zu.

Die Desinfektion der Frühgeborenen-Station kann unterdessen beginnen. 15 Frühchen, die sich noch dort befunden hatten, sind auf eine neue isolierte Station verlegt.

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