Nach Frühchen-Tod in Bremen:"Keine natürliche Todesursache"

Ein Expertenteam sucht in der Bremer Klinik unter Hochdruck nach dem Keim, der drei zu früh geborenen Babys das Leben kostete. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt - wegen fahrlässiger Tötung.

Ralf Wiegand, Bremen

Die drei Todesfälle unter den neugeborenen Patienten der Frühchen-Station im Bremer Klinikum werden von der Staatsanwaltschaft der Hansestadt untersucht. "Aus Sicht unserer Behörde handelt es sich nicht um eine natürliche Todesursache", sagte Frank Passade von der Staatsanwaltschaft Bremen der Süddeutschen Zeitung. Die Behörde ermittelt wegen fahrlässiger Tötung in drei Fällen und fahrlässiger Körperverletzung in einer noch unbekannten Zahl von Fällen. "Die Ermittlungen richten sich bisher noch gegen unbekannt", sagte Passade.

Vorrangiges Ziel der Ermittlungen sei die Antwort auf die Frage, wie der tödliche Keim in die Frühchen-Station des Krankenhauses gelangen konnte, an dem zwischen dem 8. August und dem 27. Oktober zwei Jungen und ein Mädchen gestorben sind. Die Klinik hatte am Mittwochnachmittag die Öffentlichkeit informiert, dass in der Neonatologie über Monate immer wieder ein gegen übliche Antibiotika resistenter Erreger festgestellt wurde, die Quelle des Keims aber noch nicht identifiziert sei.

"Wir gehen derzeit von unzureichender Hygiene als Ursache aus", sagte Passade für die Staatsanwaltschaft Bremen, die nicht von der Klinik selbst informiert worden war, sondern aus der Presse von den Todesfällen erfuhr. "Dort grassiert ganz offensichtlich ein Keim, der für drei tote Kinder verantwortlich ist. Das ist allemal ein Grund, um zu ermitteln", sagte Passade. Zunächst sollen die Krankenakten überprüft werden, später könnten die Ermittler medizinische Sachverständige hinzuziehen.

Neben der juristischen Auseinandersetzung sieht sich das 966-Betten-Klinikum auch im Zentrum einer politischen Diskussion. Unterschiedliche Aussagen darüber, wann wer die Gesundheitsbehörden über den tödlichen Erreger informiert hat, hätten zu dem Eindruck eines "chaotischen Krisenmanagements" geführt, kritisierte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Rainer Bensch. Möglicherweise stecke Renate Jürgens-Pieper als SPD-Gesundheitssenatorin und Aufsichtsratsvorsitzende von Gesundheit Nord, dem Klinikverbund, dem auch das Klinikum Mitte angehört, "in einem Rollenkonflikt". Die Krankenhausleitung besteht darauf, die Behörden frühzeitig informiert zu haben.

Im Klinikum Mitte haben Ärzte und Pfleger ohnehin andere Sorgen - die Quelle des Keims muss gefunden werden. Drei Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts sind in die Fahndung eingebunden. Das Bremer Klinikum erfüllt in der Regel hohe Hygienestandards, "wir können da ruhig schlafen, unsere Fortbildungsquote für diesen Bereich ist nahezu 100 Prozent", sagte eine Sprecherin der SZ. Umso belastender sei die aktuelle Situation. Die Behörden haben für die Neonatologie einen Aufnahmestopp verhängt. Weiter versorgt werden zehn von insgesamt 15 Frühchen, bei denen der Lungenentzündung und Durchfall auslösende Erreger Klebsiella pneumoniae festgestellt wurde. Vier seien erkrankt, keines schwebe in Lebensgefahr.

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