Nach den Duisburger Morden:Italienische Gastronomen: "Wir verachten die Mafia"

Aus Angst um Image und Umsätze distanziert sich eine Initiative italienischer Gastronomen nach dem Sechsfachmord in Duisburg öffentlich von der Mafia. Derweil werden Forderungen nach neuen Schwerpunkten in der Sicherheitspolitik laut.

Nach dem Sechsfachmord in Duisburg haben sich in Berlin rund 20 Besitzer italienischer Restaurants gemeinsam von der organisierten Kriminalität distanziert. "Wir verachten die Mafia, und wir sagen das offen und laut und ohne Angst", sagte die die Initiatorin der Kampagne, Laura Garavini, am Dienstag.

Indes wurden am Dienstag weitere Stimmen laut, die Schwerpunkte in der Sicherheitspolitik müssten neu gesetzt werden. Von der Tätern, die zur italienischen Mafia gehören sollen, fehlt weiterhin jede Spur.

Auf Initiative der "Union der Italiener in der Welt" (UIM), die sich für die Interessen der rund 600.000 in Deutschland lebenden Italiener einsetzt, sollen die teilnehmenden Wirte einen Anti-Mafia-Aufkleber in ihrem Restaurant anbringen. "Menschen, die sich der Mafia beugen, sind Menschen ohne Würde", steht darauf.

Zudem müssten alle Kampagnen-Teilnehmer eine Erklärung, jeden Versuch einer Schutzgelderpressung sofort den zuständigen Behörden zu melden.Mit der Kampagne wollen die Restaurant-Besitzer vor allem gegen Image-Verluste ankämpfen. Besitzer kleinerer Pizzerien in Berlin hätten in der Woche nach der Bluttat über Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent geklagt.

In der Nacht zum Mittwoch waren in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs sechs Italiener im Alter zwischen 16 und 39 Jahren erschossen worden. Die Polizei vermutet das Motiv für die Tat in einer Blutfehde zwischen zwei verfeindeten Familienclans innerhalb der kalabrischen Mafia.

Obwohl bereits hunderte von Hinweisen bei der Polizei eingegangen sind, gibt es in dem Fall noch keine heiße Spur. Die Beamten suchen mit Hilfe eines Phantombildes nach einem Verdächtigen. Wie am Montag bekannt wurde, hat die Staatsanwaltschaft die sechs Leichen mittlerweile zur Bestattung freigegeben. Italienische Medien berichteten, dass alle sechs Särge nach Italien übergeführt werden sollen.

Beckstein: "Ernsthafte Bedrohung"

Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) warnte am Dienstag vor einer "ernsthaften Bedrohung" durch die Mafia. Neben der Gefahr des islamistischen Terrorismus müssten auch diese hoch professionell organisierten Tätergruppen effektiv bekämpft werden, sagte Beckstein in München. Dafür sei vor allem eine engere europäische Zusammenarbeit notwendig.

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz und der Chef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, kritisierten die Schwerpunktsetzung in der Sicherheitspolitik. "Der Kampf gegen den Terrorismus überschattet die Gefahren der herkömmlichen Kriminalität", sagte Wiefelspütz: Freiberg warnte vor einer einseitigen Fixierung auf die Bedrohung durch Terrorismus. "Die organisierte Kriminalität ist aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit geraten", sagte Freiberg.

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