Nach dem schweren Erdbeben:China will Adoption erleichtern

Ein schweres Nachbeben hat China erschüttert: Das Epizentrum lag in dem Katastrophengebiet, in dem mehr als 50.000 Menschen starben.

Ein schweres Nachbeben hat am Freitag die Region in China erschüttert, in der das Epizentrum des verheerenden Bebens vom Montag lag. Das Nachbeben der Stärke 5,9 auf der Richter-Skala habe sich im Bezirk Lixian ereignet, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua.

Nach dem schweren Erdbeben: Chinesische Helfer bergen ein Opfer aus einem zusammengestürzten Haus in Beichuan, in der südwestlichen Provinz Sichuan.

Chinesische Helfer bergen ein Opfer aus einem zusammengestürzten Haus in Beichuan, in der südwestlichen Provinz Sichuan.

(Foto: Foto: AFP)

Dadurch wurden Erdrutsche ausgelöst, die Straßen abgeschnitten und Autos verschüttet hätten. Das Staatsfernsehen CCTV berichtete weiter, Telekommunikationsverbindungen, die nach dem ersten Beben gerade wieder aufgebaut worden waren, seien erneut unterbrochen worden.

Die durch das Nachbeben verursachten Schäden erschwerten die Rettungsarbeiten im Bezirk Lixian zusätzlich, berichtete der Sender. Seit dem ersten Erdbeben der Stärke 7,9 vom Montag wurden in der Region mehr als 120 Nachbeben mit Stärken von mehr als vier auf der Richter-Skala gemessen.

Regierung will Adoptionen erleichtern

Angesichts der vielen Waisenkinder, die das Erdbeben in China hinterlassen hat, prüft die Regierung unterdessen in Peking die Möglichkeit von Adoptionen. Zahlreiche Organisationen in China und im Ausland hätten sich nach Kindern erkundigt, die bei dem Beben ihre Eltern verloren haben, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua.

Die Regierung wolle möglicherweise Adoptionen durch "qualifizierte Menschen" zulassen. In der Zwischenzeit sollen sich örtliche Vertretungen des Ministeriums für zivile Angelegenheiten um die Waisen kümmern.

Ende 2006 hatte Peking die Bedingungen für die Adoption chinesischer Babys durch Ausländer verschärft und festgelegt, die Interessenten müssten eine stabile Ehe führen, ein solides Einkommen haben und dürften nicht übergewichtig sein. In den zehn Jahren zuvor waren Schätzungen zufolge 50.000 chinesische Kinder von Ausländern adoptiert worden.

Internationale Helfer angekommen

Unterdessen haben Soldaten und Polizisten inzwischen alle 58 betroffenen Bezirke im Katastrophengebiet erreicht, melden staatliche Medien.

Der chinesische Staatspräsident Hu Jintao ist zu einem Besuch in das Katastrophengebiet aufgebrochen. Wie Xinhua berichtete, wolle er den Opfern seine Unterstützung zusichern und sich über den Gang der Rettungs- und Bergungsarbeiten informieren. Hu will dem Bericht zufolge vor Ort eingesetzte Soldaten und Mediziner besuchen. Welche Orte genau der Präsident besuchen wird, wurde nicht mitgeteilt.

Der Präsident forderte im Katastrophengebiet verstärkte Anstrengungen. "Wir müssen alle möglichen Mühen unternehmen, gegen die Zeit arbeiten und alle Schwierigkeiten überwinden, um den endgültigen Sieg der Rettungsarbeiten zu erreichen", sagte er laut Xinhua. "Die Erdbebenrettungsarbeiten sind in ihre entscheidende Phase getreten."

Auch die internationale Hilfe für die Katastrophenopfer ist angelaufen. Aus Japan trafen mit Zustimmung der Regierung in Peking 31 Helfer in Chengdu ein.

Helfer aus Japan, Russland und Südkorea

Sie sollten in Guanzhuang nach Verschütteten suchen, in der Nähe des Epizentrums des Bebens von Montag. Weitere 29 Einsatzkräfte mit Spürhunden werden erwartet. Nach Angaben eines Vertreters des Außenministeriums in Peking lässt China damit zum ersten Mal überhaupt ausländische Helfer bei einer Katastrophe in seinem Land zu.

Aus Moskau brach ein Team von 49 Helfern nach Chengdu auf, darunter 13 Ärzte und drei Psychologen, wie das russische Katastrophenministerium nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax mitteilte. Ein weiteres Team sollte am gleichen Tag folgen.

Auch Südkorea kündigte die Entsendung eines Rettungsteams in das Erdbebengebiet an. Die 44 Helfer sollten nach Chengdu reisen, um nach Katastrophenopfern zu suchen, teilte das Außenministerium in Seoul mit. Aus Singapur sollten 55 Helfer starten. Die Nähe dieses Landes sowie Südkoreas und Russlands könnten schnelle Hilfe ermöglichen, begründete ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums laut Xinhua das Eingehen auf die Hilfsangebote. Zuvor hatte die Regierung argumentiert, die Bedingungen vor Ort seien "noch nicht reif" für Expertenteams aus dem Ausland.

Mehrere Länder sagten den Erdbebenopfern finanzielle Hilfe zu: Irland versprach eine Million Euro, die Schweiz umgerechnet 245.000 Euro und Neuseeland umgerechnet 247.000 Euro. Aus Taiwan trafen Hilfsgüter vom nationalen Roten Kreuz ein.

"Zerstörerischste Beben seit Gründung der Volksrepublik"

Die offizielle Opferzahl wurde heraufgesetzt. "Die Zahl der Toten wird auf über 50.000 geschätzt", erklärte laut Fernsehberichten das nationale Rettungszentrum. Chinas Regierungschef Wen bezeichnete das Erdbeben laut Xinhua als "das zerstörerischste" seit Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949.

Kein anderes Beben habe in dieser Zeit so schweren Schaden angerichtet, führte er im Hauptquartier der Rettungskräfte in Chengdu aus. Bei einem Erdbeben in Tangshan im Jahr 1976 waren 240.000 Menschen gestorben. Wen richtete ermutigende Worte an die Rettungskräfte. "Leben zu retten, ist immer noch unser wichtigstes Anliegen, solange es noch Hoffnung auf Überleben gibt", sagte er laut Xinhua.

Die Hoffnungen, Überlebende unter den Trümmern zu finden, schwinden. In Yingxiu konnte jedoch 68 Stunden nach dem Erdbeben ein elfjähriges Mädchen lebend aus den Trümmern befreit werden.

Chinesischen Bergungsteams gelang es zudem, die letzten Brocken zu sprengen, die bisher die einzige Straße zum Epizentrum des Erdbebens blockierten. Damit bekommen die Retter endlich auf dem Landweg Zugang zu der am schwersten betroffenen Region Wenchuan, wie Xinhua meldete.

Es zeichnete sich jedoch eine neue Gefahr ab: An mehr als 400 Staudämmen im Land traten nach Angaben des Staatsfernsehens durch das Beben Sicherheitsprobleme auf.

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