Bombenalarm am Hauptbahnhof in Bonn:Polizei nimmt Salafisten fest

Bombenalarm am Bonner Hauptbahnhof

Spurensuche im Gleisbett: Nach dem Fund einer Tasche mit zündfähigem Material durchkämmen Beamte den Bonner Hauptbahnhof.

(Foto: dpa)

Vieles deutet auf einen versuchten Anschlag hin: Einen Tag nach dem Fund einer Tasche mit zündfähigem Material am Bonner Hauptbahnhof hat die Polizei einen ersten Verdächtigen festgenommen. Gerüchte über einen zweiten Ermittlungserfolg wollten die Behörden zunächst nicht bestätigen. Nach wie vor ist unklar, ob die deponierte Konstruktion tatsächlich hätte explodieren können.

Am Montagmittag hatte die herrenlose Tasche in einem Wartesaal des Bonner Hauptbahnhofs einen Großalarm ausgelöst. Nun scheinen sich die Befürchtungen zu bestätigen: Das Gepäckstück soll in Anschlagsabsicht dort deponiert worden sein, mutmaßlich von einem oder mehreren Männern aus dem islamistischen Spektrum.

Einen ersten Ermittlungserfolg vermeldeten die Fahnder des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes am Dienstagnachmittag: Es sei gelungen, in der Bonner Innenstadt einen dringend tatverdächtigen 27-Jährigen festzunehmen. Der Somalier Omar D. werde der radikalen Bonner Salafistenszene zugerechnet.

Dem Bonner Generalanzeiger zufolge gibt es zudem Gerüchte über eine zweite Festnahme in dem Fall. Die Kölner Polizei und das Innenministerium wollten sich dazu noch nicht äußern, mit Verweis auf "laufende Maßnahmen".

Omar D. sei von Jugendlichen identifiziert worden, die ihn und einen Komplizen beim Ablegen der Sporttasche beobachtet hätten, hieß es aus Sicherheitskreisen. Gegenwärtig werde anhand von Telefonaten überprüft, ob er tatsächlich am Tatort auf dem Bonner Hauptbahnhof war.

Nach Medieninformationen sind der 27-Jährige und ein weiterer Verdächtiger keine Unbekannten für die Bundesbehörden: Omar D. und ein mutmaßlicher Komplize seien bereits im September 2008 auf dem Flughafen Köln/Bonn festgenommen worden, als sie nach Amsterdam fliegen wollten, berichtet der Spiegel in seiner Online-Ausgabe. Die Ermittler hätten damals einen Liebesbrief von D. an eine junge Frau als Abschiedsschreiben gewertet. Sie seien davon ausgegangen, dass die Männer in den Heiligen Krieg ziehen wollten. Beide Verdächtigen seien aber bald darauf wieder freigelassen worden.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, erklärte, in dem Fall werde "höchstwahrscheinlich" die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernehmen. Dies sei ein Hinweis auf eine mögliche Gefährdung der inneren Sicherheit. Noch hat die Bundesanwaltschaft jedoch nicht die Leitung der Untersuchungen übernommen. "Wir sind am Informationsaustausch beteiligt", sagte ein Sprecher. Die Ermittler in Karlsruhe können nur in bestimmten Fällen Verfahren an sich ziehen, unter anderem beim Verdacht auf terroristische Gewalttaten.

Tasche enthielt "zündfähiges Material"

Einen Tag nach dem Fund der Tasche ist weiter unklar, ob deren Inhalt tatsächlich hätte explodieren können. Fest steht bislang lediglich, dass sich in dem Gepäckstück - das zur Sicherheit gesprengt worden war - "zündfähiges Material" befand. Nach Informationen von Spiegel Online soll es sich bei den enthaltenen Gegenständen um ein Metallrohr, einen Wecker und Batterien gehandelt haben. Zudem seien in der Tasche Butangas und Ammoniumnitrat gewesen.

Ob die aufgefundene Konstruktion tatsächlich explosionsfähig war, könne noch nicht gesagt werden, teilte die Polizei Köln mit. "Es konnte bislang noch kein Zünder aufgefunden werden", sagte eine Sprecherin. Die Untersuchungen durch Sprengstoffexperten des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes dauern an.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, bat die Bevölkerung angesichts des jüngsten Fundes um Aufmerksamkeit bei verdächtigen Gegenständen. "Wir müssen leider immer wieder damit rechnen, dass so etwas gerade an Bahnhöfen passieren kann", sagte er dem Fernsehsender Phoenix. "Deutschland ist nach wie vor ein Angriffsziel von dem ein oder anderen Terroristen."

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