Nach Amoklauf in Winnenden:Trittbrettfahrer sorgen für Angst

Am Tag nach dem Amoklauf in Baden-Württemberg haben mehrere Jugendliche mit ähnlichen Taten gedroht: In Freiburg wurde eine ganze Schule geräumt, in Sachsen fand sich ein Trittbrettfahrer gar schon am Nachmittag vor Gericht wieder.

Nach dem Amoklauf in einer Schule in Winnenden haben Trittbrettfahrer die Polizei in Baden-Württemberg in Atem gehalten. Es habe zahlreiche Amok- oder Bombendrohungen gegeben, berichtete Landespolizeipräsident Erwin Hetger in Winnenden.

In der Nähe von Heilbronn ist am Freitag nach einer Amoklauf-Drohung in einem Internet-Chatroom eine Schule geschlossen worden. Schüler und Lehrer der Realschule im baden-württembergischen Ilsfeld seien gar nicht erst zum Unterricht in das Gebäude gelassen worden, sagte ein Polizeisprecher in Heilbronn. Die Schule werde durchsucht.

In Freiburg wurde am Donnerstag eine Schule nach einer Bombendrohung geräumt. In Schramberg nahm die Polizei einen 16-Jährigen fest, nachdem er einen Amoklauf an seiner Berufsschule angekündigt hatte. Weitere Drohungen gab es laut Hetger in Pforzheim, im Raum Stuttgart, in Ulm, Metzingen und Esslingen. Alle Schulen würden verstärkt von der Polizei beobachtet. Kultusminister Helmut Rau (CDU) warnte, Amok-Drohungen seien keine "Dumme-Jungen-Streiche".

In Sachsen-Anhalt gab es ebenfalls einen Trittbrettfahrer, der am Donnerstag wenige Stunden nach einer Amokdrohung zu fünf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde. Der 22-Jährige hatte per Notruf einen Amoklauf an seiner Berufsschule angekündigt, um wegen des Polizeieinsatzes schulfrei zu bekommen. Nur sieben Stunden später fand er sich auf der Anklagebank wieder, weil die Polizei den Anrufer schnell ermittelte und die Justiz sich zu einem beschleunigten Verfahren entschloss. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Bombendrohung gegen die Schule in Freiburg ging am frühen Donnerstagmorgen auf dem Tonband der Karlschule ein. Die Polizei durchsuchte das Gebäude mit Hilfe von Sprengstoffspürhunden, wurde aber nicht fündig. Die 400 Schüler kamen derweil in benachbarten Gebäuden unter. Gegen 10.30 Uhr konnte der Unterricht fortgesetzt werden.

Der 16-Jährige aus Schramberg hatte noch am Tag des Amoklaufs in Winnenden einen Brief an einen Mitschüler geschrieben und angekündigt, er werde an seiner Berufsschule Amok laufen. Der 16- Jährige sei am Donnerstagmorgen festgenommen worden und habe die Tat gestanden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Der Ermittler gehen aber davon aus, dass der Schüler nicht wirklich zu dem Amoklauf entschlossen war. Der Schüler hatte nach ersten Ermittlungen im Internet eine Schilderung des Amoklaufs im Jahr 2002 an einem Gymnasium in Erfurt heruntergeladen und als Vorlage für seine Drohung genommen.

Als einfachen Scherz hat ein 20-Jähriger seine Amokdrohung gegen eine Schule in Esslingen gerechtfertigt. Die Polizei nahm den Mann am Donnerstag fest, kurz nachdem er die Drohung im Internet veröffentlicht hatte. Die Gefahr eines Amoklaufs hatte an der Grund- und Hauptschule zuvor einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Gegen den 20-Jährigen wurde Haftbefehl beantragt. Er müsse mit strafrechtlichen Folgen rechnen und wohl auch für den Großeinsatz der Polizei an der Schule aufkommen, teilte die Behörde mit.

In Ulm sicherten Polizisten eine Schule, nachdem ein 18-Jähriger gegenüber Mitschülern von seiner "Todesliste" gesprochen hatte. Nach ersten Ermittlungen stufte die Polizei den Vorgang als Wichtigtuerei ein. Auch in Pforzheim versetzte ein Trittbrettfahrer die Polizei in Alarmbereitschaft. Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate kündigte ein Unbekannter einen Amoklauf an der Alfons-Kern-Schule an. Wurde die Berufsschule im vergangenen November noch geräumt, so sicherten Polizisten und Zivilbeamte am Donnerstag das Gebäude. "Wir sind wachsam", versicherte ein Sprecher.

Die Behörden warnten davor, solche Äußerungen - auch wenn sie nicht ernst gemeint sind - in irgendeiner Weise zu veröffentlichen. Solche Ankündigungen zögen in jedem Fall ein Ermittlungsverfahren nach sich und könnten zu strafrechtlichen Konsequenzen für den Täter führen. "Das ist weit jenseits der Grenze des Akzeptablen. Damit spielt man nicht", betonte Kultusminister Rau.

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