Mutmaßlicher Serienmörder:Gestank aus dem Leichenhaus

Die Polizei spricht von "unerträglichem Appetit". Politiker verstehen nicht, warum der Leichengeruch um das Haus von Anthony S. niemandem auffiel.

Es ist eine grauenhafte Arbeit, der einige Polizeibeamte von Cleveland im US-Bundestaat Ohio in diesen Tagen nachgehen. Im einem Anwesen hatten sie am Wochenende sechs teils verweste Frauenkörper entdeckt. Eine Frau ist offenbar schon so lange tot, dass man die genaue Todesursache nicht mehr feststellen konnte. Inzwischen wurde die Polizei allerdings erneut fündig.

Mutmaßlicher Serienmörder: Ist verdächtig, mehrere Frauen ermordet zu haben: Anthony S.

Ist verdächtig, mehrere Frauen ermordet zu haben: Anthony S.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Reste von vier weiteren Leichen kamen zutage, teilweise im Hinterhof verscharrt. Im Keller fand sich ein Frauenschädel, deponiert in einem Eimer.

Antoinnette Dudley wohnt ein paar Häuser weiter und hat S. nur ein paar Mal gesehen, meist biertrinkend auf seiner Veranda. "Ich hätte nicht gedacht, dass er so krank ist", sagt die 29-Jährige, die den ganzen Sommer unter einem übler Verwesungsgeruch gelitten hat. Der Gestank plagte die Nachbarschaft schon seit Jahren. Als Verursacher geriet die Wurstmetzgerei neben dem Haus von S. in Verdacht. Es wurde so schlimm, dass die Besitzer ihre Abflüsse und Fettabscheider erst reinigen und dann ganz austauschen ließen.

Stadtrat Zack Reed, dessen Mutter in der Nähe wohnt, erinnert sich, dass er das Gesundheitsamt mehrfach aufmerksam gemacht hat. "Was dann passiert ist, wissen wir nicht", erklärte er. "Der üble Gestank war kein Geheimnis." Er und andere Kommunalpolitiker wollten geprüft sehen, ob Polizei und Gesundheitsamt vielleicht Hinweise übersehen hätten, die sie früher zu den Leichen geführt hätten. Er könne sich nicht vorstellen, wie den Polizisten der Gestank habe entgehen können.

Anthony S. bewohnte bislang dieses Haus, ein 50-Jähriger mit einschlägiger Vorgeschichte: 1989 bis 2004 saß er im Gefängnis, verurteilt, weil er eine junge Frau gewürgt und vergewaltigt hatte.

Nun sitzt der mußmaßliche Serienmörder in Untersuchungshaft. Wie die Zeitung Plain Dealer aus Cleveland berichtet, ist er wegen fünffachen Mordes, Vergewaltigung, Körperverletzung und Kidnapping angeklagt. Im Laufe des Tages wird er vor Gericht gestellt.

Für die Ermittler liegt der Fall klar: "Es scheint, dass dieser Mann einen unersättlichen Appetit hatte, den er stillen musste", sagte Clevelands Polizeichef Michael McGrath.

Die Ermittler kamen Anthony S. erst auf die Spur, nachdem er offenbar ein weiteres Verbrechen begangen hatte: Eine Frau meldete sich bei der Polizei und sagte aus, dass Anthony S. sie bei sich zu Hause vergewaltigt habe.

Wegen dieses Vorwurfs kamen Polizeibeamte am vergangenen Donnerstag Polizisten mit einem Haft- und Durchsuchungsbefehl zum Haus von Anthony S. Sie fanden den Verdächtige nicht vor - dafür entdeckten sie die ersten Leichen. S. ging der Polizei am Samstag ins Netz.

Um die Identität der Opfer zu klären, geht die Polizei nun alle Vermisstenanzeigen seit Juni 2005 durch - dem Monat, in dem S. aus der Haft entlassen wurde.

Als registrierter Sexualstraftäter musste sich S. seit seinem Gefängnisaufenthalt regelmäßig bei der Polizei melden. Beamte besuchten ihn auch zu Hause, zuletzt am 22. September, wenige Stunden vor dem mutmaßlich jüngsten Überfall auf eine Frau.

Die Durchsuchung des Hauses sowie des angrenzenden Hinterhofs soll weiter fortgesetzt werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: