Muslime:Moscheenstreit von Monheim

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Viele islamische Gotteshäuser in Deutschland wirken behelfsmäßig, wie hier die Eyüp-Sultan-Moschee in Nürnberg. Im Städtchen Monheim in NRW soll das anders sein. (Foto: picture alliance / dpa)

Der Bürgermeister will islamischen Gemeinden Grundstücke für Gebetshäuser überlassen. Dafür wird er als "Handlanger von Vielweiberei" beschimpft. Der Konflikt könnte eine ungewöhnliche Lösung finden.

Von Bernd Dörries

Man musste das Schlimmste befürchten, was den Verlauf des Abends angeht, so eine Art Lokalausgabe des großes Kampfes der Kulturen. Die Hetzer im Netz hatten sich schon einmal warm gemacht, besorgte Bürger ließen ihren Tiraden freien Lauf, und das Thema lautete auch nicht unbedingt so, als wäre ein gepflegtes Pro und Contra zu erwarten.

Aber dann kam es ganz anders, 700 Bürger saßen in einer Schulaula in Monheim zwischen Köln und Düsseldorf und diskutierten ziemlich gesittet, ob in einer Stadt mit 43 000 Einwohnern gleich zwei neue Moscheen auf einmal gebaut werden sollen? Und ob die Stadt den Moscheegemeinden dafür zwei Grundstücke überlassen soll? Als eine Art Geschenk Gottes.

Ganz einig wurden sich die Monheimer an diesem Abend nicht. Aber es lernten sich Menschen und Meinungen kennen, die bisher eher nebeneinander gelebt haben. Und am Verlauf der Debatte in dem Städtchen lässt sich vielleicht erkennen, wie weit die Integration von Muslimen in die deutsche Gesellschaft tatsächlich gediehen ist - und wie sie zum Wohle beider Seiten noch befördert werden kann.

Der Andrang war groß: Monheimer Bürger stehen Schlange, um am Informationsabend zu den beiden geplanten Moscheen teilzunehmen. (Foto: dpa)

Einmal stand an dem Abend ein Deutsch-Türke auf und sagte, er sei 38 Jahre alt, seine Familie lebe nun in zweiter Generation hier. "Ich bin ein Monheimer Jung, begreift ihr das nicht? Ich zahle Steuern wie ihr anderen auch." Und als es darum geht, ob auf den Minaretten der Muezzin zum Gebet rufen werde, gibt ein Vertreter der Islamischen Gemeinde zu bedenken, dass unter seinen Mitgliedern Uhren mittlerweile weit verbreitet seien. Es also gar keinen Anlass mehr gebe, die Muslime daran zu erinnern, dass es nun Zeit zum Beten sei. Große Heiterkeit im Saal. Vielleicht hat der Abend in Monheim mehr zum gegenseitigen Verständnis von Muslimen und dem sogenannten Abendland beigetragen als so manche Sonntagsrede.

"Wir wollten den Islamkritikern den Wind aus den Segeln nehmen", sagt Daniel Zimmermann ein paar Tage nach dem Abend. Die Kritiker hatten sich in den Tagen davor bei ihm gemeldet, ihn bedroht und beschimpft. "Handlanger von Vielweiberei" nannten sie ihn, einen Förderer von "Kinderheirat und der Unterdrückung der Frau". Die Diskussionsveranstaltung steht unter Polizeischutz, dazu kommen 50 Mitarbeiter eine privaten Securityfirma. Der Abend bleibt indes friedlich. Auch weil der Bürgermeister auf dem Podium ruhig und sachlich bleibt im Ton.

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Zimmermann, 34, war lange Zeit jüngster Bürgermeister Deutschlands, er hat mit einer Jugendpartei die Kommunalpolitik in Monheim auf den Kopf gestellt und ein ungewöhnliches Politikexperiment gestartet. Als "Steueroase" hatte der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Monheim im Wahlkampf 2013 schon gegeißelt, was in Monheim keinen sonderlich gestört hat, weil es höchstens die Aufmerksamkeit für die niedrigen Gewerbesteuersätze noch weiter erhöhte, mit denen Zimmermann um Firmen wirbt. So viele haben sich nun dort angesiedelt, dass aus einem Minus im Haushalt ein Überschuss von 120 Millionen Euro wurde. Steuerdumping auf Kosten der Nachbarn, sagen die Kritiker. Freier Wettbewerb, sagt Zimmermann.

Die sprudelnden Steuereinnahmen würden es ihm auch leicht machen, den beiden Moscheegemeinden zwei Grundstücke im Wert von 850 000 Euro zu schenken. So ist der Plan. Wobei es eigentlich gar keine Schenkung ist. Mit einem Geschenk kann man machen, was man will. Die Überlassung aber ist an strenge Regeln geknüpft. "Die Stadt beteiligt sich auf diese Weise mit etwa 15 Prozent an den Baukosten, sichert sich aber 100 Prozent Kontrolle", sagt Bürgermeister Zimmermann. Bisher würden die Muslime in Monheim in Hinterhofmoscheen beten, von denen kaum einer sagen könne, was dort passiert. "Mit dem Neubau werden Orte für Dialog und Begegnung entstehen, die es bisher nicht gab."

Die Überlassung der Grundstücke ist an Bedingungen geknüpft, bei einem Verstoß fällt das Bauland an die Stadt zurück. Das ist der Fall, wenn die Moscheengemeinden die Gelände zweckentfremden, Teile der Gebäude vermieten. Oder die Gemeinden "ihre Verpflichtung zur Verfassungstreue und Toleranz wiederholt trotz Abmahnung durch die Stadt verletzen". Die Bedingungen werden ins Grundbuch eingetragen, im Konfliktfall müsste ein Zivilgericht darüber entschieden, ob sie verletzt wurden.

Weniger Kilometer weiter, in Köln, kann man zur Zeit besichtigen, welche Probleme ein Moscheebau verursachen kann; dort ist die große Ditib-Moschee Jahre im Verzug, Streitigkeiten und Finanzprobleme lähmen die Fertigstellung. Das werde es in Monheim nicht geben, sagt Zimmermann. Weil die Projekte dort mit einem Gesamtvolumen von sechs Millionen Euro viel kleiner seien. Und weil im Vertag festgelegt werden soll, dass die Bauten in sieben Jahren stehen. Sonst fallen die Grundstücke an die Stadt zurück. Die Moscheen selbst werden von den Gemeinden bezahlt.

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Auf der Diskussionsveranstaltung ließ Bürgermeister Zimmermann schließlich per Handzeichen ein Stimmungsbild ermitteln, wie es um die Zustimmung der Bürger steht. Etwa 80 Prozent votierten grundsätzlich dafür, dass zwei Moscheen gebaut werden sollen. Eine in einem Gewerbegebiet, eine in der Innenstadt, in unmittelbarere Nähe zu zwei christlichen Kirchen. Etwa 15 Prozent der Mohnheimer sind Muslime, einen angemessenen Ort, um ihren Glauben auszuüben, haben sie nicht. Das sieht auch die Mehrheit der Monheimer so.

Aber nur etwa die Hälfte der Anwesenden hielt es auch für eine gute Idee, den Moscheegemeinden die Grundstücke zu überlassen. "Würden wir sie verkaufen", sagt Zimmermann, "hätten wir keinerlei Einfluss darauf, was dort passiert." Nach den Ferien soll der Gemeinderat entscheiden, Zimmermanns Partei hat dort eine klare Mehrheit. Bis dahin sollen die Zweifler überzeugt werden.

Viele Monheimer stören sich daran, dass ein Vertragspartner der aus der Türkei gesteuerte Verband Ditib ist. Auf Seiten der türkischstämmigen Gläubigen gebe es in Monheim keinen anderen Ansprechpartner, sagt Zimmermann. Immerhin aber habe der Ditib-Bundesverband die Vertragsbedingungen ohne Einschränkungen akzeptiert. "Wir erwarten eine deutliche Öffnung zur Gesellschaft hin", sagt Zimmermann.

© SZ vom 06.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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