Mordprozess in Freiburg:Anklage fordert Höchststrafe für Hussein K.

Freiburger Mordprozess

Der Angeklagte Hussein K. hat gestanden, eine junge Frau missbraucht, gewürgt und bewusstlos ins Wasser gelegt zu haben.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)
  • Hussein K. ist angeklagt, weil er im Oktober 2016 eine Studentin in Freiburg vergewaltigt und getötet haben soll.
  • In ihrem Schlussplädoyer fordert die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung.
  • Das Urteil wird am 22. März verkündet.

Von Josef Kelnberger, Freiburg

Eckart Berger, der Oberstaatsanwalt, ging in jeder Beziehung an die Grenzen. Mehr als drei Stunden dauerte sein Schlussplädoyer, zwischendurch warf er aus Versehen die Tastatur des vor ihm stehenden Computers zu Boden. Immer wieder trank er aus seinem Wasserglas, trotzdem war er gegen Ende hin kaum noch zu verstehen vor Heiserkeit. Aber Pause gönnte er sich keine, ehe er die Höchststrafe für Hussein K. forderte: lebenslange Haft wegen Mordes und schwerer Vergewaltigung sowie die Anordnung der Sicherungsverwahrung. Sollte das Gericht dem Antrag folgen, käme er erst in sehr ferner Zukunft wieder auf freien Fuß, wenn überhaupt. Der Angeklagte, dick vermummt in einer Kapuzenjacke, hörte ohne erkenntliche Regung zu.

Von Anfang an hatte der Afghane das Verfahren seltsam gleichgültig verfolgt. Apathie hat aber auch das Publikum befallen bei diesem Prozess, dessen Beginn vor mehr als einem halben Jahr noch das ganze Land gefesselt hatte. K., ein Asylbewerber, hatte sich unter Vorspiegelung eines falschen Alters, trotz einer Vorstrafe wegen versuchten Mordes in Griechenland, ein fast luxuriöses Leben als "minderjähriger" Flüchtling in Deutschland erschlichen - nun stand er vor Gericht als mutmaßlicher Vergewaltiger und Mörder der 19-jährigen Studentin Maria L., in Freiburg, einer Kapitale der Willkommenskultur. Angeklagt zu sein schien auch Kanzlerin Merkels Flüchtlingspolitik.

Jenseits der politischen Aufladung hat das Gericht alles gegeben, sich ein Bild von Tat und Täter zu machen. Das hat gedauert. Am Freitag traf man sich zum 23. Mal. Oberstaatsanwalt Berger gab die Schuld in erster Linie dem Angeklagten, der mit einer Vielzahl von Lügen die Wahrheitsfindung erschwert habe.

Angriff aus dem Nichts, Tatort am Wasser, Vollmondnacht

Im Laufe des Prozesses prüfte das Gericht umfängliches Beweismaterial. Per Video dokumentiert sind aus der Tatnacht vom 15. auf den 16. Oktober 2016 der Besuch des Angeklagten in einer Bar sowie seine Straßenbahnfahrten. Weil es gelang, sein Handy zu knacken, konnte ein detailliertes Bewegungsprofil aus jener Nacht erstellt werden. In Hussein K.s Zimmer fand man einen gezogenen Zahn, so konnte ein spezielles Verfahren zur Ermittlung des Alters angewandt werden. Zu den vielen Zeugen zählten griechische Ermittler, die die Umstände des Verfahrens gegen K. wegen versuchten Mordes 2013 schilderten.

Aus all dem Material formte der Ankläger das Bild eines erwachsenen, mindestens 22-jährigen Mannes, der an der Dreisam gezielt auf die Jagd nach einer Frau ging, um sie zu missbrauchen und zu töten. Hussein K. hatte die Studentin bewusstlos, mit Mund und Nase im Wasser, zurückgelassen. Berger zeigte sich überzeugt, dass der Angriff auf eine junge Frau in Korfu, obwohl eingestuft als Raub, den gleichen sexuellen Hintergrund hatte wie jene in Freiburg: Angriff aus dem Nichts, Tatort am Wasser, Vollmondnacht. Nur habe er damals sein Opfer aus den Augen verloren. Ohne jegliche Empathie, voller Selbstmitleid und Egozentrik lebe er seine "sexuelle Devianz" aus: sich Frauen mit Gewalt zu bemächtigen. Es bestehe hohe Wiederholungsgefahr.

Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn die Tat eingeräumt, aber allerlei Entschuldigungen vorgebracht. Er sei besoffen gewesen, habe nicht gezielt eine Frau zum Opfer erwählt. Er führte eine traumatische Kindheit an, den frühen Tod seines Vaters an, eine Vergewaltigung. Nichts davon ließ sich während des Prozesses erhärten. K. sei nicht traumatisiert und nicht psychisch krank, seine Selbstmordversuche in Haft seien nicht ernst zu nehmen, befand der psychiatrische Gutachter.

Am Freitag zeigte Hussein K. dann Entgegenkommen, als auf seinen Antrag hin die Öffentlichkeit bei den Plädoyers zugelassen wurde. Sie wäre ansonsten ausgeschlossen worden, da auch Teile der Verhandlung nicht-öffentlich geführt wurden. Am Montag wird der Verteidiger sein Plädoyer halten und vermutlich in Zweifel ziehen, dass sein Mandant wirklich schon 22 Jahre alt und damit als Erwachsener zu verurteilen ist. Dann hat K. Gelegenheit zu einem Schlusswort. Das Urteil wird am 22. März verkündet.

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