Mordprozess:Frau verhungert - Mann und Tochter sollen zugeschaut haben

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  • Ein Mann und seine Tochter sollen die kranke Ehefrau beziehungsweise Mutter verhungern haben lassen.
  • Die Frau war nach einem Sturz bewegungsunfähig.
  • Die Anklage lautet auf Mord durch Unterlassen.

Die Anklage: Mord durch Unterlassen

Auf 26 Kilogramm war die Frau abgemagert, der Rücken komplett wund gelegen. Sie starb qualvoll auf dem Sofa. Ihr Mann und ihre Tochter sollen ihr wochenlang dabei zugesehen haben. Jetzt stehen sie wegen Mordes vor Gericht.

Vor den Augen ihres Mannes und ihrer Tochter soll die Frau über Wochen hinweg verhungert und verdurstet sein. Der 50-Jährige und seine 18 Jahre alte Tochter müssen sich jetzt wegen gemeinschaftlichen Mordes durch Unterlassen vor dem Landgericht in Verden verantworten. Sie hätten sich nicht um die 49-Jährige gekümmert, obwohl sie vor Schmerzen gewimmert habe, sagte die Staatsanwältin zum Prozessbeginn. Die Frau sei langsam und qualvoll gestorben.

Der Grund: angeblich Hass und Rache

Justizbeamte führten die beiden Angeklagten in Handschellen in den Gerichtssaal. Zu den Vorwürfen wollten sie sich nicht äußern, auch nicht zur Familiensituation. Bekannt ist jedoch, dass die 49-Jährige seit vielen Jahren alkoholabhängig war. Einige Wochen vor ihrem Tod stürzte sie nach Angaben der Staatsanwaltschaft in der Wohnung der Familie in Thedinghausen und brach sich die Hüfte.

"Sie war darauf angewiesen, dass die Angeklagten sie versorgten", erklärte die Anklägerin. Doch der Ehemann und die Tochter sollen weder einen Arzt gerufen noch der Hilflosen ausreichend Wasser und Essen gebracht haben. Als sie im März auf dem Sofa im Wohnzimmer starb, soll sie völlig abgemagert gewesen sein.

Noch am Tag des Todes hätten Ärzte die Frau retten können, sagte die Staatsanwältin. Doch die Angeklagten hätten sie absichtlich sterben lassen. Der Grund: angeblich Hass und Rache. Das Opfer habe sich jahrelang nicht um die Familie gekümmert.

Auch etwas, das man nicht tut, kann strafbar sein

Die Staatsanwaltschaft geht im Prozess vor dem Verdener Landgericht von Mord durch Unterlassen aus, weil die Angeklagten aus Grausamkeit, und den "niedrigen Beweggründen" Hass und Rache gehandelt haben sollen. Dieses sind im Sinne des Paragraf 211 des Strafgesetzbuches Merkmale eines Mordes.

Das "Begehen durch Unterlassen" definiert Paragraf 13: Menschen machen sich schuldig, wenn sie eine Person nicht vor Leid schützen, zu der sie ein sehr enges persönliches Verhältnis haben. Darunter fallen zum Beispiel Eltern und Kinder, Eheleute, Ärzte und Patienten.

Die Verteidigung wies die Mordvorwürfe zurück. Dass die Angeklagten die Frau haben töten wollen, sei nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen nicht nachweisbar, sagte der Anwalt. Er forderte die Kammer auf, weitere Zeugen zu laden. Der Prozess soll am 29. September weitergehen. Die Angeklagten wollen nach Angaben der Verteidigung an dem Tag jedoch noch nicht aussagen.

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