Mordfall Mirco geklärt:"Er war eine tickende Zeitbombe"

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Weil er von seinem Chef "zusammengefaltet" worden war, suchte Olaf H. nach einem Ventil für seinen Ärger - und fand den damals zehnjährigen Mirco. Er missbrauchte den Jungen und brachte ihn um. "Ein Zufallsopfer", sagt die Polizei.

Er ist der unauffällige, treusorgende Familienvater, hart arbeitend, beruflich unter Druck. Niemand ahnte, was Soko-Chef Ingo Thiel heute weiß: "Da war eine tickende Zeitbombe unterwegs". Am 3. September hatte Olaf H. (45), Bereichsleiter eines Bonner Telekommunikations-Konzerns, nicht vorbestraft, mal wieder viel Stress und war von seinem Chef auch noch "zusammengefaltet" worden. Da beschließt der dreifache Vater, auf Menschenjagd zu gehen, um sich abzureagieren.

In Ungerath führte Olaf H., der Mann, der den damals zehnjährigen Mirco umgebracht hat, mit seiner Familie ein unauffälliges Leben. (Foto: dapd)

Er sucht ein Ventil, ein möglichst wehrloses Opfer. Ziellos streift er in seinem Dienstwagen umher. Plötzlich fährt vor ihm in der Dunkelheit ein kleiner Junge - Mirco aus Grefrath. Er überholt, hält und wartet. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Olaf H. pädophil oder sadistisch veranlagt ist. Es sei ihm eher um Macht gegangen, darum, "über jemanden die Kontrolle auszuüben - bis zur Tötung", sagt Soko-Chef Ingo Thiel in Mönchengladbach. "Die sexuelle Komponente hat eine untergeordnete Rolle gespielt."

Nun sitzt der 45-Jährige in Untersuchungshaft wegen Mordes, Entführung und sexuellen Kindesmissbrauchs. Er hat ein umfassendes Geständnis abgelegt, die Ermittler zu Mircos Leiche in einem Waldstück außerhalb des Suchgebiets geführt und wird zusätzlich durch DNA- und Faserspuren belastet. Die Obduktion der Kinderleiche, die fast fünf Monate im Wald lag, dauert an.

Schweigend begleitet Olaf H. die Ermittler, als sie ihn am Mittwoch um sechs Uhr morgens aus dem Bett holen. Seine Familie, völlig nichtsahnend, ist schockiert. Sie lebte mit ihm in Schwalmtal-Ungerath. Der nette, unauffällige Nachbar - so hatten auch die Täter-Spezialisten der Polizei Mircos Mörder beschrieben. Olaf H. war sogar derart unauffällig, dass er nicht einmal seinem misstrauischen Nachbarn verdächtig erschien, der immerhin Polizist ist und selbst nach Mirco gesucht hat: "Da hätte ich nie dran gedacht."

"Wie soll der Kollege das merken, wenn es nicht mal die Ehefrau des Täters merkt?", sagt Thiel. "Ich wohne auch in der Nähe."

Fast 150 Tage hat die Soko Olaf H. gejagt. Sein Dienstwagen war schon auf dem Weg nach Russland, weil der Leasingvertrag ausgelaufen war. In Frankfurt konnten die Ermittler den zwischenzeitlich abgemeldeten Wagen aufspüren und fanden ein Faserprofil, das passte. Aber Olaf H. war schon vorher durch neue technische Ermittlungsmethoden ins Visier der Ermittler geraten.

Über diese Möglichkeiten schweigen sich die Ermittler lieber aus - "weil Mirco leider nicht der letzte Fall dieser Art bleiben wird". Nur eines: "Wir haben ein paar Mausefallen aufgestellt - einige haben zugeschnappt". "Wir kriegen ihn", hatte Thiel immer beteuert. "Wir haben ihn", sagt er am Freitag. Nun sei die gesammte Sonderkommission erleichtert, dass die Suche nach fast fünf Monaten ein Ende habe.

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