Mordfall Lena:Polizei ermittelt wegen Aufrufs zur Lynchjustiz

Nur Stunden nachdem der erste Verdächtige im Mordfall Lena festgenommen worden war, kursierten Aufrufe zur Gewalt gegen den Jugendlichen - erst im Netz und später auf der Straße. Die Polizei ermittelt deswegen nun gegen einen Mann aus Ostfriesland.

Es dauerte nur Stunden, bis nach der Festnahme eines 17-Jährigen im Mordfall Lena vergangene Woche im Netz Aufrufe zur Lynchjustiz auftauchten. Wenig später skandierten aufgebrachte Menschen vor der Polizeiinspektion Emden Parolen wie "Hängt ihn auf, steinigt ihn". Die Polizei ermittelt nun gegen einen Mann aus Ostfriesland. Er soll zur Gewalt gegen den ersten Verdächtigen und zur Stürmung der Polizeiwache aufgerufen haben.

Strafrechtsexperte: Fall Lena nimmt bisher nicht gekannte Ausmasse an

Die Polizeiinspektion Emden: Hier hatte sich nur Stunden nach der Festnahme eines 17-Jährigen am vergangenen Mittwoch ein wütender Mob versammelt.

(Foto: dapd)

Gegen den Mann werde wegen öffentlichen Aufrufens zu einer Straftat ermittelt, sagte eine Polizeisprecherin. Der Verdächtige selbst sei aber noch nicht befragt worden. Die Sonderkommission bearbeitet unterdessen weiterhin mehr als 300 Hinweise zum Mord an der elfjährigen Lena.

Am Wochenende hatte ein 18-Jähriger die Tötung des Mädchens gestanden. Er sitzt in Untersuchungshaft. Die Polizei machte bisher keine genaueren Angaben, sei es zur Todesursache oder zu einer Tatwaffe.

Der erste Verdächtige, ein inzwischen 18 Jahre alter Schüler, war am Freitag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Wie der NDR berichtet, setzt sich im Internet inzwischen eine wachsende Zahl an Menschen für die Rehabilitation des Jugendlichen ein.

Die Abläufe in Emden sollen, wie bei derartigen Fällen üblich, noch einmal untersucht werden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover. Es werde geprüft, "ob es Verbesserungs- und Optimierungsbedarf" gebe. Dies sei Aufgabe der Polizei. CDU-Innenminister Uwe Schünemann hatte im Februar angekündigt, die Polizei Niedersachsen werde verstärkt soziale Netzwerke nutzen, um nach Verbrechern zu fahnden. Die Strategie wurde von Datenschützern scharf kritisiert.

Schünemann hatte am Sonntag der Polizei für den schnellen Ermittlungserfolg gedankt. Zugleich wies er die Kritik des Leiters des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, Christian Pfeiffer, scharf zurück. Dieser habe mit einer falschen Ferndiagnose über das Vorgehen der Polizei den Druck auf die Mordkommission erhöht und deren Arbeit erschwert.

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