Mord an Schwangerer in Berlin:"Einmalige Grausamkeit"

Prozess um Mord an schwangerer Frau

Mord an einer Schwangeren: Daniel M. und Eren T. (links im Hintergrund) müssen sich in Berlin vor Gericht verantworten.

(Foto: dpa)
  • Zum Auftakt des Prozesses um den qualvollen Feuertod einer schwangeren jungen Frau schweigen die beiden Angeklagten.
  • Das Opfer Maria P. war im achten Monat schwanger, als sie am 22. Januar in einem Wald im Südosten Berlinsb starb.
  • Einer der Angeklagten ist der Vater des toten Kindes. Die Ermittler gehen davon aus, dass mit dem Verbrechen die Geburt verhindert werden sollte.

Von Verena Mayer, Berlin

Die beiden Männer, die eine schwangere Schülerin bei lebendigem Leib angezündet haben sollen, sind 20, aber sie sehen aus wie Teenager. Eren T. hat wuscheliges schwarzes Haar und kann kaum aufgucken, als die Richterin ihn fragt, wo er gewohnt hat, bevor er verhaftet wurde. Im Januar war das, kurz nachdem er die Schülerin mutmaßlich in einen Wald gelockt und mit Benzin übergossen hat. "Bei meinen Eltern", sagt Eren T., man hört ihn kaum. Daniel M. ist zwar groß, und sein Hals und die Arme sind voller Tattoos. Aber er läuft hochrot an, als er gefragt wird, ob er etwas sagen möchte. Dann senkt er den Kopf.

Die beiden schweigen, und so muss der Mordprozess, der am Donnerstag vor dem Berliner Landgericht begann, ans Licht bringen, was in jener Nacht im Januar geschah - und wie es zu alldem kam. Fest steht, dass Eren T. seiner Ex-Freundin Maria P., die von ihm schwanger war, eine Handy-Botschaft geschickt hatte: Er habe eine Überraschung für sie, schrieb er. Dann lockte er sie gemeinsam mit Daniel M. in einen Transporter. Sie fuhren in ein Waldstück.

Dort sollen T. und M. der Schülerin in den Bauch gestochen und sie dann angezündet haben. Maria P. lebte noch, als sie brannte. Wenige Wochen später hätte ihr Baby zur Welt kommen sollen. Sie wollte das Kind, ein Mädchen, unbedingt; an ihrer Schule hatte sie schon eine Auszeit beantragt. Maria P. wurde 19 Jahre alt.

"Wir sind Maria"

Der Zuschauerraum des Gerichtssaals ist gefüllt. Auf den Bänken drängen sich junge Leute, Freunde von Maria P. Sie tragen T-Shirts, auf denen "Wir sind Maria" steht, eine der Frauen ist schwanger. Auch Maria P.s Bruder ist gekommen. Er trägt eine dunkle Sonnenbrille, aber man merkt, dass er den Angeklagten ins Gesicht blickt. Als ob er dort eine Erklärung finden könnte. Reden will Maria P.s Familie nicht. Ihr Anwalt tritt kurz vor die Presse und sagt, dass dies eine "in ihrer Grausamkeit nahezu einmalige Tat" sei.

Mit vier Schwestern wuchs der Angeklagte Eren T. in einer kurdischen Familie in Berlin-Neukölln auf. Ob in der Familie jemand von der Tat wusste, muss der Prozess klären. Die T.s seien von der Schwangerschaft "nicht begeistert" gewesen, sagt ein Gerichtssprecher. Es gebe aber "keine belastbaren Hinweise, dass von der Familie Druck ausgeübt wurde".

Am ersten Prozesstag geht es vor allem um den Angeklagten Daniel M. Deutscher Staatsbürger, ein großer, blasser Mann und selbst schon Vater. Auf seinen Hals ist das Wort "Liebe" tätowiert. M. und T. waren Freunde, doch was sie zueinanderführte, ist unklar. Nun ist es mit der Freundschaft jedenfalls nicht mehr weit her. Bei der Polizei haben die beiden immer neue Versionen von der Mordnacht erzählt und sich gegenseitig die Schuld zugeschoben.

Nachbarn beschreiben ihn als "guten Jungen"

Im Gegensatz zu Eren T. hat Daniel M. eine kriminelle Vorgeschichte. Er hat die Schule geschmissen, suchte Kontakt zur Rockerszene und war wegen Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes polizeibekannt. Ein Zeuge, der im selben Haus wohnte und M. seit seiner Geburt kennt, beschreibt ihn dennoch als "guten Jungen": "Ich kenne die Familie so lange, ich hatte immer Vertrauen."

Am Nachmittag vor der Tat habe ihm Daniel M. noch geholfen, Fliesen zu tragen. Danach fragte er, ob er sich zusammen mit Eren T. den Transporter leihen könne. Der Nachbar erlaubte es - und sagte noch, sie sollten vorsichtig fahren.

Als die beiden jungen Männer gegen Mitternacht noch immer nicht zurück waren, ging der Nachbar erst zur Polizei, dann machte er sich selbst auf die Suche nach dem Wagen. "Ich dachte, Unfall oder abgehauen. Aber mit so etwas konnte keiner rechnen", sagte er vor Gericht. Der Mann fand sein Auto schließlich auf einem Parkplatz in der Nähe der Wohnung. Daniel M. und Eren T. standen mit zwei weiteren Freunden davor, unterhielten sich ganz normal, auch ein junges Mädchen war dabei.

Als der Nachbar die beiden fragte, wo sie waren, sagten sie, sie seien nur ein bisschen in der Gegend rumgefahren. Im Auto hatten sie eine CD eingelegt und Musik gehört. Welchen Eindruck die Angeklagten zu diesem Zeitpunkt auf ihn gemacht hätten, wird der Zeuge gefragt. Ruhig seien sie gewesen, "ganz lieb und nett". Der Mord an Maria P. lag da gerade eine Stunde zurück.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: