Mord an Imbissbuden-Besitzer:Tod am Dönerstand

Ein Unbekannter hat in Berlin einen türkischen Imbissbuden-Besitzer erschossen. Einen Zusammenhang mit dem "Dönermörder" schließt die Polizei aber aus.

Philipp Grassmann und Joachim Käppner

Die Müllerstraße im Berliner Arbeiterbezirk Wedding ist eine der belebtesten Gegenden der Hauptstadt. Es gibt viele Geschäfte, Kaufhäuser, Kneipen, Kinos und Imbissbuden. Selbst nachts sind dort noch viele Menschen unterwegs. Und doch gibt es noch keine Spur von einem Mann, der am frühen Mittwochmorgen einen Dönerbudenbesitzer kaltblütig ermordet hat.

Dönerstand; AP

Die Polizei untersucht den Tatort "Grillhaus Rehberge".

(Foto: Foto: AP)

Um kurz nach halb vier Uhr hatte der Täter die kleine Bude an der Müllerstraße betreten, eine Pistole gezogen und den 45-jährigen Betreiber ohne Zögern mit mehreren Schüssen niedergestreckt. So schnell wie er aufgetaucht war, verschwand der Unbekannte wieder. Einige Gäste, die dort noch zu später Stunde etwas aßen, blieben unverletzt.

Die Tat weckt Erinnerungen an die schlimmste ungeklärte Mordserie der Republik. Die Berliner Polizei schloss aber - ohne Details zu nennen - einen Zusammenhang zwischen dem ominösen "Dönermörder" und den Schüssen im Wedding aus.

Unbekannter erschoss neun Männer

Neun Männer hat ein Unbekannter zwischen 2001 und 2006 getötet: In Nürnberg, München, Hamburg, Rostock, Dortmund und Kassel. Acht Türken, einen Griechen, alle Kleingewerbetreibende, am helllichten Tag niedergestreckt von einem Täter, der durch die Tür kam und mit einer Ceska83-Pistole sofort schoss.

Die Waffe war in einer Plastiktüte versteckt und trug einen Schalldämpfer. Die Opfer, sagte Soko-Chef Wolfgang Geier, "ahnten wohl nicht, dass dieser Besucher den Tod brachte."

Das Tatmuster in Berlin unterscheidet sich davon nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus Ermittlerkreisen erheblich. Der Anschlag geschah bei Nacht, es habe zwischen Opfer und Täter eine "Vorbeziehung" gegeben, nämlich einen Streit. Der Schütze benutzte keinen Schalldämpfer. Er wartete nicht, bis er allein mit seinem Opfer war, und er schoss mit einer anderen Waffe, nicht der berüchtigten Ceska 83.

Serienmörder und Einzelgänger

Es scheint also nicht der Mann zu sein, den sich Alexander Horn als den Serienmörder vorstellen kann. Der Münchner Kriminalpsychologe und sein Team entwickelten 2006 eine neue Hypothese: Der Täter sei ein Einzelgänger, getrieben von Hass auf Türken.

Vielen Kripo-Veteranen war das zu spekulativ - und doch kamen sie ihrerseits in Erklärungsnot: Was wäre, wenn die Mordserie also doch eher Werk der OK (Fahnderjargon), der organisierten Kriminalität, war und nicht eines Einzelnen? Es würde bedeuten, dass mitten in Deutschland Gangster neun Menschen ermorden - und die Polizei hat nicht den Hauch eines Hinweises, wer diese Gangster sein könnten, auf Motive oder Verbindungen zwischen den Opfern.

Dem Mörder nahe gekommen

Und das, nachdem die Sonderkommission "Bosporus" Tausende Menschen befragt, Abertausende Spuren verfolgt und das ganze Arsenal kriminalistischer High-Tech aufgefahren haben. "Das widerspricht allen Erfahrungen aus der OK-Bekämpfung", sagt ein Fahnder.

Die Soko, mit Sitz in Nürnberg, ist auf zehn Kriminalbeamte reduziert worden. Wolfgang Geier, Chef der Polizei in Mittelfranken, hält die Einzeltätertheorie noch immer für plausibel. Er hat die Hoffnung noch nicht verloren, den Mörder eines Tages zu überführen: "Ich glaube, wir sind ihm sehr nahe gekommen."

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