Mobilfunk:Bitte möglichst still stehen

Überraschend präsentierten in der vergangenen Woche die Mobilfunkfirmen Vodafone und T-Mobile die ersten UMTS-Handys.

Von Ulf Schneider

Die Telekom-Tochter bietet das Nokia 7600 an, ein flaches Gerät mit ungewöhnlichem Design, dessen Tasten um den Bildschirm herum angeordnet sind; es soll mit einem UMTS-Vertrag 279 Euro kosten.

Bei Vodafone hingegen gibt es das Samsung Z105, ein Klapphandy mit drehbarer Kamera für 299 Euro mit Vertrag. Beide haben - wie ein erster Test zeigt - Vor- und Nachteile, doch nur dem Samsung-Gerät gebührt der Titel des ersten vollwertigen UMTS-Handys im Handel.

Das liegt an einer Schwäche des Nokia-Geräts: Es eignet sich nicht für Videotelefonate. "Wir hätten das Nokia 7600 schon vor Wochen auf den Markt bringen können, doch unserer Meinung nach ist ein Mobiltelefon ohne Videotelefonie kein UMTS-Gerät", sagt Jürgen von Kuczkowski, Geschäftsführer von Vodafone.

Kinderkrankheiten beim Video

Weiterer Kritikpunkt von Vodafone am finnischen Produkt: Das extravagante "Reisewecker-Design" und das Tastaturlayout erschwerten den Umgang mit dem Gerät. Das Samsung hingegen ist zwar etwas schwerer und dicker als gebräuchliche Telefone, hat aber ein konventionelles Design.

Seine Ausstattung ist nach heutigen Maßstäben gehoben, aber keinesfalls spektakulär. Zu den Highlights zählen ein großes TFT-Innendisplay, das über 262.000 Farben darstellen kann, eine integrierte VGA-Digitalkamera mit Videorekorder-Funktion sowie ein 14 Megabyte großer Datenspeicher.

Technisch schwach präsentiert sich das Z105 hingegen beim Datenaustausch mit dem PC. Im Gegensatz zum Nokia 7600 fehlen dem koreanischen Handy Bluetooth- und Infrarotschnittstelle. Der Nutzer muss stattdessen ein Kabel einstöpseln. Die Grundtechnik im UMTS-Netz beherrschen beide Geräte.

Wer sich mit ihnen in etwa 400 Städten in das WAP-Internet einwählt, surft mit einer Bandbreite von derzeit bis zu 384 Kbit pro Sekunde. Bei diesen Transferraten werden auch aufwändigere Multimedia-Anwendungen möglich. Das Vodafone-Portal bietet im neuen Menüpunkt "UMTS" zum Beispiel Nachrichten und Unterhaltung in Form von kurzen Videoclips.

Nach einer Pufferzeit von etwa zehn Sekunden kann der Betrachter zum Beispiel komplette Trailer von neuen Kino-Filmen ansehen. Bei rasanten Actionszenen treten dabei zwar gröbere Pixelfehler auf, dennoch überzeugt das Videostreaming schon durch einen nahezu ruckelfreien Bilderfluss.

Bitte möglichst still stehen

Die Videotelefonie leidet hingegen noch unter Kinderkrankheiten. Zwar lässt sich im UMTS-Netz per Tastendruck eine Bild-und-Ton-Verbindung zu einem anderen Nutzer herstellen. Nach einer kurzen Verbindungszeit können sich beide Teilnehmer gegenseitig im Display sehen. Aber die Bilder sind recht ruckelig und bei schnellen Bewegungen treten starke Grafikfehler auf.

Das Telefon muss man sich dabei auf Armlänge vors Gesicht halten, der Verständigung dient beim Samsung-Gerät ein mitgeliefertes Headset. Immer wieder auftretende Rückkopplungen erschweren allerdings die Kommunikation. Dennoch kann man sich der grundsätzlichen Faszination der Videotelefonie nur schwer entziehen.

Für UMTS haben beide Mobilfunkfirmen neue Tarifmodelle aufgelegt. Bei Vodafone zum Beispiel gibt es ein Paket mit 100 im Voraus bezahlten Telefon-Minuten für 25 Euro. Den Datentransfer muss man zusätzlich mit fünf Euro pro Monat bezahlen, dafür darf man sich unbegrenzt auf dem Vodafone-Portal bewegen. Die angebotenen Videoclips werden nach der Einführungsphase mindestens 39 Cent kosten. Auch Datentransfers von fremden Webseiten rechnet Vodafone eigens ab. Bei T-Mobile bucht der Kunde das Surfen nach Datenmenge: Dort kosten zum Beispiel zwei Megabyte pro Monat fünf Euro - egal woher die Daten kommen.

Was die Videotelefonie kosten wird, ist noch unklar. Bis zum September bucht Vodafone die Bildergespräche wie reine Telefonate vom Minutenkontingent ab. "Ein mögliches Tarifmodell besteht darin, für Videotelefonate ab Oktober die doppelten Gesprächskosten zu berechnen", sagt Friedrich Joussen von Vodafone. Kunden von T-Mobile müssen sich mit diesen Tariffragen erst im Sommer befassen. Erst dann bietet der Konzern ein Handy für diese Technik an: eine leicht modifizierte Version des Samsung Z105.

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