Missbrauchsverfahren:Polanski bricht sein Schweigen

Regisseur Roman Polanski greift die US-Justiz an. Denn es gehe in seinem Fall nicht so sehr um ein Urteil, als vielmehr um Rachegelüste vergangener Tage.

Starregisseur Roman Polanski hat sich sieben Monate nach seiner Verhaftung in Zürich erstmals öffentlich zu Wort gemeldet. In einem am Sonntagabend im Internet veröffentlichten Text greift der in der Schweiz unter Hausarrest stehende 76-Jährige die US-Justiz heftig an und wirft ihr Rachegelüste vor.

Roman Polanski, AP

Filmregisseur Roman Polanski auf dem Balkon seines Chalets "Milkyway" in Gstaad, wo er unter Hausarrest steht.

(Foto: Foto: AP)

"Ich kann nicht länger schweigen, weil die Vereinigten Staaten weiterhin meine Auslieferung verlangen. Und das mehr, um mich den Medien der ganzen Welt zum Fraß vorzuwerfen, als um ein Urteil zu fällen, über das schon vor dreiunddreißig Jahren eine Übereinkunft erzielt worden ist", schreibt der polnisch-französische Filmemacher in dem Text, der auf der Internetseite "La règle du jeu" veröffentlicht ist.

Er wolle wegen seines Schicksals nicht um Mitleid bitten, aber wie alle anderen behandelt werden.

Polanski wird vorgeworfen, 1977 eine 13-Jährige in der Villa von Hollywoodstar Jack Nicholson mit Drogen gefügig gemacht und dann mit ihr Sex gehabt zu haben. Er bekannte sich damals schuldig. Am Tag vor der offiziellen Strafverkündung floh er jedoch nach Frankreich.

"Es stimmt, vor dreiunddreißig Jahren habe ich mich schuldig bekannt und im Staatsgefängnis von Chino, das kein VIP-Gefängnis ist, eine Strafe verbüßt, die eigentlich die Gesamtstrafe darstellen sollte", schreibt Polanski dazu. Als man ihn dann aus dem Gefängnis entließ, habe der Richter allerdings seine Meinung geändert und erklärt, die in Chino verbüßte Haft sei nicht die Gesamtstrafe.

"Wegen dieses Rückziehers verließ ich damals die Vereinigten Staaten." Der Richter habe sich auf seine Kosten die Aufmerksamkeit der Medien sichern wollen, klagt Polanski.

Doppelte Niederlage

In dem seit mehr als 30 Jahren laufenden Missbrauchsverfahren in den USA hatte der Filmemacher zuletzt eine doppelte Niederlage einstecken müssen. Ein Berufungsgericht in Los Angeles lehnte Polanskis Antrag auf eine Verurteilung in Abwesenheit ab. Zudem wies das Gericht auch einen Antrag von Polanskis damaligem Opfer zurück, das Verfahren gegen den Regisseur fallen zu lassen.

Die amerikanischen Justizbehörden missachteten alle Argumente und Zeugenaussagen Dritter, so Polanski. Gegen die Empfehlung des Berufungsgerichts sei entschieden worden, nicht in Abwesenheit gegen ihn zu verhandeln.

Der Brief des Regisseurs endet mit einem Wunsch. "Ich hoffe, die Schweiz wird einsehen, dass es keinen Grund für eine Auslieferung gibt, so dass ich in Frieden und als freier Mann in mein Land und zu meiner Familie zurückkehren kann", schreibt Polanski.

Der in Polen geborene Regisseur, der für den Film "Der Pianist" (2002) mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, war am 26. September 2009 auf Veranlassung der US-Justiz bei der Einreise in die Schweiz verhaftet worden. Er lebt normalerweise in Frankreich und hat seit 1975 die französische Staatsbürgerschaft, daher konnte Frankreich ihn nicht ausliefern.

Anfang Dezember wurde er gegen eine Kaution von drei Millionen Euro aus der Auslieferungshaft in der Schweiz entlassen. Polanski muss eine Fußfessel tragen und steht in seinem Haus in Gstaad unter Arrest.

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