Mexiko:Studenten und Lehrer besetzen Rathäuser

Student protest in front of Mexican General Attorney headquarters

Studenten demonstrieren in Mexiko und fordern Informationen über ihre verschwundenen Kommilitonen.

(Foto: dpa)
  • Knapp drei Wochen nach dem Verschwinden von 43 Studenten im Südwesten Mexikos suchen inzwischen auch Taucher und berittene Polizisten nach ihnen.
  • Präsident Nieto hat die Suche zur Chefsache erklärt, doch in Mexiko wächst die Empörung. Studenten und Lehrer haben nun Rathäuser in Guerrero besetzt.
  • Fast 50 Verdächtige wurden inzwischen festgenommen, unter ihnen zahlreiche Polizisten.

1200 Polizisten beteiligen sich an Suche

Fast drei Wochen ist es her, dass Dutzende Studenten im Südwesten Mexikos verschwanden. Und noch immer gibt es keine Spur von ihnen. Nun haben die Sicherheitskräfte die Suche nach den Vermissten ausgeweitet. Taucher der Bundespolizei inspizierten gemeinsam mit Familienangehörigen der 43 Studenten Flüsse und Seen im Bundesstaat Guerrero, teilte die Nationale Sicherheitskommission mit. Polizisten der Gendarmerie suchten zu Pferde in schwer zugänglichen Gebieten nach den jungen Leuten.

"Wir arbeiten zu Luft, zu Wasser und am Boden", sagte der Sicherheitsbeauftragte Monte Alejandro Rubido nach einem Besuch in der Region. Mittlerweile seien 1200 Bundespolizisten an der Suche beteiligt. "Wir arbeiten ohne Unterbrechung", sagte Präsident Enrique Peña Nieto nach einer Sondersitzung des Sicherheitskabinetts am Donnerstagabend (Ortszeit). "Die Suche nach den Studenten hat Priorität."

Der Staatschef äußert sich nur selten zu einzelnen Gewalttaten. Allerdings hat das Verschwinden der jungen Leute selbst im an schwere Kriminalität gewöhnten Mexiko eine Welle der Empörung ausgelöst.

Wie die Studenten verschwanden

Die Studenten waren am 26. September nach einem blutigen Polizeieinsatz in der Stadt Iguala vermutlich von örtlichen Sicherheitskräften verschleppt und der kriminellen Organisation Guerreros Unidos übergeben worden. Zwei Bandenmitglieder führten die Ermittler zu Massengräbern und räumten den Mord an 17 Studenten ein.

50 Verdächtige festgenommen

Am Mittwoch hatte die Generalstaatsanwaltschaft erklärt, dass es sich bei 28 Leichen in den Gräbern nicht um die verschleppten Studenten handelt. Offenbar ziehen die Ermittler nun auch in Betracht, dass die 43 jungen Leute noch am Leben sein könnten.

Bürgerwehren fanden nahe Iguala unterdessen neue Gräber. Forensiker untersuchen nun, ob die dort entdeckten Überreste von den vermissten Studenten stammen. Mittlerweile wurden knapp 50 Verdächtige festgenommen. Bei den meisten handelt es sich um örtliche Polizisten. Der Bürgermeister der Stadt ist untergetaucht.

Studenten und Lehrer besetzen Rathäuser

Bei den Bürgern in Mexiko wächst unterdessen die Wut. Hunderte Studenten und Lehrer haben am Donnerstag mit der Besetzung von Rathäusern im mexikanischen Bundesstaat Guerrero begonnen. Nach Angaben der Polizei verliefen die Besetzungen in der Hauptstadt Chilpancingo sowie in den Orten Tlapa de Comonfort, Ayotac de Álvarez und Huamuxtitlán zunächst friedlich. In anderen Städten wie etwa in Iguala begannen die Beamten, die Rathäuser zu räumen.

Nach Angaben eines Sprechers der Lehrergewerkschaft Ceteg sollen nach und nach die Rathäuser in allen 81 Kommunen von Guerrero besetzt werden, um den Ermittlungsdruck auf die Behörden zu erhöhen. Für Freitag war eine Massenkundgebung in der Urlauberstadt Acapulco vorgesehen.

Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Zustände in dem Bundesstaat, in dem Sicherheitskräfte, Behörden und das organisierte Verbrechen oftmals unter einer Decke stecken. So besteht unter anderem der Verdacht, dass Mitglieder der Bande Guerreros Unidos die Studenten im Auftrag der Ehefrau des Bürgermeisters von Iguala ermordeten, um eine Protestaktion am folgenden Tag zu verhindern. Der Bürgermeister und seine Frau sind seitdem auf der Flucht.

EU, UN und USA fordern Aufklärung

In Mexiko-Stadt hatten Tausende Studenten bereits am Mittwoch Aufklärung über das Schicksal der jungen Leute gefordert. "Die Empörung, der Schmerz und die Wut hat uns heute hier zusammengebracht", sagte eine Studentin der Zeitung Excélsior. "Wir kümmern uns nicht um das Risiko, wir werden alles geben für unsere Brüder", sagte ein Vertreter des Lehrerseminars Ayotzinapa, das die verschwundenen Studenten besucht hatten. Auch in den Bundesstaaten Michoacán, Chihuahua und Baja California gingen Demonstranten auf die Straße.

Auch international sorgte der Fall für Aufsehen. Die Europäische Union, die Vereinten Nationen und die USA zeigten sich besorgt und forderten eine zügige und transparente Aufklärung.

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