Mexiko:Entführte Studenten offiziell für tot erklärt

Mexiko: Felipe de la Cruz ist der Vater von einem der verschwundenen Studenten.

Felipe de la Cruz ist der Vater von einem der verschwundenen Studenten.

(Foto: AFP)
  • Alle 43 im September verschleppten mexikanischen Studenten sind für tot erklärt worden. Es gebe "keinen Zweifel" an ihrem Schicksal, sagte der Generalstaatsanwalt.
  • Bandenmitglieder der "Guerreros Unidos" haben die Tat eingeräumt.
  • Angehörige protestieren gegen Ermittler und Politiker.

Alle Studenten für tot erklärt

Die Zeit für Wunder schien ohnehin lange vorbei. Jetzt hat die mexikanische Justiz letzte Zweifel am Schicksal der Dutzenden verschwundenen Lehramtsstudenten ausgeräumt. "Die Beweise erlauben uns festzustellen, dass die Studenten entführt, getötet und verbrannt wurden", sagte Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam. "Das ist die Wahrheit. Daran gibt es keinen Zweifel."

Damit sind die Ermittlungen in dem Fall abgeschlossen. Murillo Karam legte in seiner mehr als einstündigen Pressekonferenz zahlreiche Zeugenaussagen und gerichtsmedizinische Ermittlungsergebnisse vor. Am 26. September hatten Polizisten in der Stadt Iguala im Bundesstaat Guerrero 43 Studenten des linken Lehrerseminars Ayotzinapa entführt und sie der kriminellen Organisation "Guerreros Unidos" übergeben.

Karam sagte, die Verdächtigen würden wegen Mordes angeklagt. Mehrere Bandenmitglieder haben die Tötung der jungen Leuten eingeräumt. Die Leichen übergossen sie den Ermittlungen zufolge auf einer Müllkippe mit Diesel und steckten sie in Brand. Bislang wurde erst eines der Opfer zweifelsfrei identifiziert. Im Gerichtsmedizinischen Institut in Innsbruck versuchen Wissenschaftler derzeit, die Identität der weiteren Toten zu ermitteln. Die Knochenreste sind allerdings stark verkohlt, was eine Bestimmung mittels Gentest schwierig macht.

Geflecht von Motiven

Offenbar wollte der Bürgermeister von Iguala verhindern, dass die Studenten eine Rede seiner Frau störten. Das Paar soll enge Kontakte zum organisierten Verbrechen unterhalten haben. Die "Guerreros Unidos" wiederum gingen wohl davon aus, dass unter den Studenten Anhänger der verfeindeten Bande "Los Rojos" seien. Die Tat rückte die engen Verbindungen zwischen Politikern, Sicherheitskräften und Verbrechern in Mexiko erneut in den Fokus. 99 Verdächtige wurden bislang in dem Fall festgenommen, darunter das Bürgermeisterehepaar von Iguala, Polizisten und mutmaßliche Bandenmitglieder.

Proteste gegen Ermittler und Politik

Der Fall löste in Mexiko Massenproteste aus. Die Familien der Opfer zweifeln die bisherigen Ermittlungsergebnisse an. "Die Regierung will den Fall aus politischen Gründen schnell schließen, egal welchen Schmerz sie uns damit bereitet", sagte der Sprecher der Angehörigen, Felipe de la Cruz.

Ein Anwalt der Hinterbliebenen erklärte, es gebe noch immer zahlreiche Ungereimtheiten. Er kündigte eine Anzeige gegen die mexikanische Regierung vor dem UN-Komitee gegen das Verschwindenlassen an. "Der Fall ist nicht ungewöhnlich, sondern typisch für Mexiko", sagte er.

Präsident Enrique Peña Nieto rief die Mexikaner am Dienstag auf, nach vorne zu schauen. "Es ist klar, dass die Regierung bei der Suche und den Ermittlungen beispiellose Anstrengungen unternommen hat", sagte der Staatschef. "Ich bin aber auch überzeugt, dass wir nicht in diesem Moment des Schmerzes verharren dürfen."

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