Mexiko-Besuch:Wenn der Papst die Nerven verliert

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Franziskus gilt als Papst der Armen, Papst des Volkes, Papst zum Anfassen. Doch jetzt hat er es bei seinem Mexiko-Besuch mit einem allzu aufdringlichen Anhänger zu tun bekommen.

Das Video ist nicht einmal 30 Sekunden lang, Teil einer Fernsehübertragung. Franziskus nimmt ein Bad in der Menge, wie das ja immer heißt, schüttelt Hände und tätschelt Köpfe irgendwo in Mexiko, wo er gerade zu Besuch ist. Der Papst genießt solche Momente, er ist, viel mehr als seine Vorgänger Benedikt XVI. und Johannes Paul II., ein Papst zum Anfassen, ein Papst des Volkes, ein Papst der Armen. Statt in einer großen Limousine fährt er lieber Fiat 500, statt in einem Palast wohnt er lieber in einer kleinen Wohnung, statt mit Kardinälen Abendmahl zu feiern, wäscht er lieber Gefängnisinsassen die Füße.

Doch die kurze Sequenz, die sich jetzt im Netz verbreitet, zeigt etwas, was die Weltöffentlichkeit bisher noch nicht kannte: Einen Heiligen Vater, der wütend und ungehalten wird, ja, der sogar richtig schimpft.

Das Ganze trägt sich in einem Sportstadion in Morelia zu. In der 600 000-Einwohner-Stadt im Westen des Landes trifft der Papst mit Jugendlichen zusammen. Es gibt eine Tanzvorführung, anschließend geht der Papst auf die Zuschauermenge zu und begrüßt die Menschen in den ersten Reihen. So weit, so normal.

Franziskus' Ärger gilt einem übereifrigen Fan, der ihn aus der zweiten Reihe heraus kräftig am Arm zieht. So kräftig, dass Franziskus kurz das Gleichgewicht verliert und nach vorne fällt, auf einen Jugendlichen, der in der ersten Reihe im Rollstuhl sitzt. Die Sicherheitsleute ziehen ihn zurück, zunächst sieht es so aus, als gehe gleich alles seinen gewohnten Gang.

"Sei nicht egoistisch"

Doch plötzlich fängt Franziskus an, mit der rechten Hand gestikulierend auf den Mann einzureden. Man kann an seinem Gesichtsausdruck sehen, dass er ziemlich sauer ist. Hören kann man nicht, was er sagt, denn die laute Musik im Hintergrund übertönt alles. Englische Medien, die entweder dabei waren oder die Fähigkeit haben, von den Lippen des Pontifex abzulesen, glauben zu wissen, was er - auf spanisch - wörtlich gesagt hat:

"No seas egoísta. Qué te pasó, no seas egoísta" - Sei nicht egoistisch. Was ist mit dir los? Sei nicht egoistisch.

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte später, die Reaktion des Papstes sei spontan und menschlich absolut verständlich gewesen. Was wieder ganz gut in die Erzählung passt, der zufolge Franziskus ein Mann des Volkes ist.

Der Mittwoch ist der letzte Tag seines Besuches in Mexiko. Franziskus wird in Ciudad Real ein Gefängnis besuchen und sich auch an die Grenze begeben, die Tausende Mexikaner jedes Jahr versuchen illegal zu überqueren, um in die USA zu gelangen.

© SZ.de/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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