Menschenrechtlerin Williams:Angstfrei ins Gefängnis

Mit der Macht der Liebe gegen die Liebe zur Macht: Jenni Williams kämpft in Simbabwe für Menschenrechte und gegen die Diktatur - jetzt wird sie von Amnesty International geehrt.

J. Raupp

Jenni Williams, 46, verlässt das Haus nie ohne ihre Handtasche. Darin trägt sie eine Zahnbürste und Zahnpasta, Damenbinden und Klopapier, das für ein paar Monate reicht, und ein Handy. Das Telefon ist wichtig. "Die Polizisten nehmen es mir zwar ab, aber ich kann noch jemandem mitteilen, dass ich verhaftet wurde", erzählt Williams.

Menschenrechtlerin Williams: Jenni Williams ist schon 32 Mal verhaftet worden.

Jenni Williams ist schon 32 Mal verhaftet worden.

(Foto: Foto: oh)

Die Gründerin der simbabwischen Menschenrechtsorganisation Woza muss zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem Besuch von Polizisten rechnen. 32 Mal wurde die gelernte PR-Beraterin in den vergangenen fünf Jahren verhaftet, vier Monate war sie im Gefängnis.

Diktator Robert Mugabe duldet keine Demokratiebewegungen. Schon gar nicht, wenn sie von einer weißen Frau angeführt werden. Im Gefängnis fühlt sich Williams sogar einigermaßen sicher. Dort ist sie unter Frauen und bekommt ab und zu ein bisschen Maisbrei. Manche Wärterinnen ermuntern sie sogar, weiter für die Menschenrechte einzutreten. Sie sagen: "Wir schämen uns, dass Du wie eine Verbrecherin behandelt wirst."

Schlimmer sind die Zellen auf den Polizeistationen, wo Williams nach einer Verhaftung hinkommt. "Es gibt weder Essen, noch kann man sich waschen", sagt sie. Die Polizisten demütigen sie. Dass sie noch nie vergewaltigt wurde, hat Williams ihren Mitstreiterinnen zu verdanken. Die 60.000 Woza-Mitglieder sind fast alle weiblich. Sobald eine verhaftet wird, gehen mehrere Frauen zur Polizeistation und lassen sich ebenfalls festnehmen: "Wenn wir viele sind, trauen sich die Polizisten nicht."

Bei ihren Festnahmen verschenkt Williams Rosen an die Polizisten und sagt: "Die Macht der Liebe wird die Liebe zur Macht besiegen." Wenn die Männer zuschlagen wollen, schaut sie ihnen fest in die Augen. Manchmal legen sie den Knüppel dann weg.

Williams hat kein Zuhause. Sie wechselt ihre Unterkunft alle sechs Monate. Fremden traut sie nicht. Essen beschaffen ist schwierig. Die Geschäfte im wirtschaftlich ruinierten Simbabwe haben nur selten Brot oder Maismehl. Wenn eine Lieferung kommt, rennen alle hin, um schnell einzukaufen. Williams aber kann nicht spontan auf die Straße, weil sie mit ihrer weißen Haut auffällt. Ihr Mann und ihre drei erwachsenen Kinder haben diesen Druck nicht mehr ausgehalten. Sie leben im Exil in Großbritannien. Williams aber will in Simbabwe bleiben: "Das ist mein Zuhause. Lieber bin ich hier eingesperrt, als im Ausland zu leben."

Amnesty International unterstützt Woza und will Williams im November in Berlin den Menschenrechtspreis verleihen. Ob sie kommen kann, ist fraglich. Im Oktober muss sie wegen "Anstiftung zum Unfrieden" vor Gericht. Sollte sie verurteilt werden, käme sie ins Gefängnis. Wieder einmal.

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