Menschenrechte:Indische Aktivistin will erste Mahlzeit nach 16 Jahren Hungerstreik essen

Irom Sharmila

Irom Chanu Sharmila wird am Tag, an dem sie ihren Hungerstreik beenden will, nach einer Vernehmung vor Gericht zurück ins Krankenhaus gebracht.

(Foto: AP)
  • Die Inderin Irom Chanu Sharmila will ihren Hungerstreik nach 16 Jahren an diesem Dienstag beenden.
  • Nicht aus Erschöpfung, sondern wegen neuer Pläne: Die Menschenrechtsaktivistin will in die Politik gehen.

Die indische Aktivistin Irom Chanu Sharmila wird in ihrem Heimatland "Eiserne Lady" genannt - genau wie die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher. Aber während Thatchers Ruf bloß daher rührte, dass sie 1984 bei einem EU-Gipfel ihre Handtasche auf den Tisch knallte, "Ich will mein Geld zurück" rief und Sozialleistungen kürzte, hat Sharmila mit deutlich größerem körperlichem Einsatz für ihre Ideale gekämpft.

Das Datum ist kein Zufall

16 Jahre lang befand sich die von Amnesty International zur "politischen Gefangenen" erklärte Menschenrechtsaktivistin im Hungerstreik. Anlass war im Herbst 2000 ein Massaker in einem Dorf nahe der Stadt Imphal, bei dem zehn Menschen von paramilitärischen Einheiten getötet worden sein sollen. Sharmila wollte mit ihrer Nahrungsverweigerung eine Aufhebung des Kriegsrechts in ihrem Heimatbundesstaat Manipur erreichen. Die arme und abgelegene Region im Nordosten Indiens an der Grenze zu Myanmar steht seit Ende der Fünfzigerjahre mit dem Armed Forces Special Powers Act faktisch unter Militärherrschaft.

Sharmila wurde bereits kurz nach Beginn ihres Fastenprotests verhaftet und in einem Gefängniskrankenhaus künstlich ernährt. Zudem wurde sie wegen versuchter Selbsttötung angeklagt. An diesem Dienstag wird sie - nach mehr als anderthalb Jahrzehnten - wieder eine normale Mahlzeit zu sich nehmen.

Die 44-Jährige hatte vor zwei Wochen überraschend angekündigt, ihren Hungerstreik am 9. August zu beenden. Sie will freigelassen werden und dann für die Regionalwahlen in Manipur im Februar 2017 kandidieren. Das Datum ist nicht zufällig gewählt. Dieser Tage jährt sich der Aufstand der indischen Befreiungsbewegung um Mahatma Ghandi zum 70. Mal.

Sharmilas Fasten hatte zuletzt nur noch wenig Aufmerksamkeit gefunden. Umso mehr Aufmerksamkeit findet jetzt das Ende des Hungerstreiks. Dutzende Fernsehteams, Journalisten und Menschenrechtler warten vor dem Gerichtsgebäude, in dem die Aktivistin alle zwei Wochen zur Anhörung erscheinen muss.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International setzen sich seit Langem für Sharmila ein. Oppositionsparteien haben ihr bereits ihre Unterstützung für den bevorstehenden Wahlkampf zugesagt.

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