"Me Too"-Debatte:Uma Thurman beschuldigt Harvey Weinstein, sie angegriffen zu haben

Lesezeit: 3 min

Schauspielerin Uma Thurman spricht über ihre Erfahrungen mit Harvey Weinstein und die "Me Too"-Debatte. (Foto: Gonzalo Fuentes/REUTERS)
  • Mit Uma Thurman hat ein weiterer Hollywood-Star schwere Vorwürfe gegen den früheren Filmmogul Harvey Weinstein erhoben.
  • Die Schauspielerin, die mit "Pulp Fiction" und "Kill Bill" berühmt wurde, wirft dem 65-Jährigen vor, sie Ende der 90er Jahre körperlich bedrängt und ihr mit dem Ende ihrer Karriere gedroht zu haben.
  • Weinstein räumt einen "ungeschickten Annäherungsversuch vor 25 Jahren" ein.

Von Max Sprick

Es begann vergangenen Oktober auf einem roten Teppich in New York. Da wurde Uma Thurman gefragt, was sie von der damals gerade beginnenden "Me Too"-Debatte halte und von den Berichten etlicher Frauen über sexuelle Übergriffe und Misshandlungen in Hollywood. Thurman blinzelte ein paar Mal, fand es dann "lobenswert", dass die Frauen sich äußerten, wollte selbst aber erst mal nichts dazu sagen. "Wenn ich mich äußere, solange ich wütend bin, bereue ich im Nachhinein, wie ich mich geäußert habe", begründete sie ihr Schweigen. Sie wolle deshalb warten, bis sie weniger wütend sei.

Thurmans Aussagen kommen eine besondere Bedeutung zu, nicht nur, weil sie mit "Pulp Fiction", "Kill Bill 1" und "Kill Bill 2" zu einer der berühmtesten und bestbezahlten Hollywood-Schauspielerinnen wurde - sondern, weil sie zum Aufstieg der Macher dieser Filme beitrug: Quentin Tarantino als Regisseur und Harvey Weinstein als Produzent. Jener Weinstein, den seit vergangenem Herbst so viele Frauen beschuldigen, seine Macht ausgenutzt und sie sexuell belästigt und misshandelt zu haben.

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In den drei Filmen verkörpert Thurman jeweils das gleiche Frauenbild: Unfassbar stark, unfassbar wütend, unfassbar rachsüchtig. Wer Thurman im Film in die Quere kam, wurde so gut wie immer ziemlich grausam getötet. Und wer "Kill Bill" gesehen hat, weiß, dass die Leinwand-Thurman sehr lange sehr wütend sein kann. Im echten Leben dauerte Uma Thurmans Wut dreieinhalb Monate. Jetzt hat sie der New York Times ein Interview gegeben.

Die 47-Jährige spricht von Begegnungen mit Weinstein in Paris und London nach der Veröffentlichung von "Pulp Fiction" im Jahr 1994. In einem Pariser Hotel habe Weinstein sie bei einem beruflichen Treffen zunächst im Bademantel empfangen und sie dann in ein Dampfbad geführt. Später habe Weinstein sie in seiner Suite im Londoner Hotel "Savoy" attackiert, sagt Thurman. "Er drückte mich runter, er versuchte, sich auf mich zu werfen. Er versuchte sich zu entblößen. Er tat viele unangenehme Dinge." Es sei ihr aber gelungen, sich zu befreien.

Kurz darauf sei sie mit einer Freundin in das Hotel zurückgekehrt, um Weinstein zu stellen. Seine Assistenten hätten sie jedoch dazu gebracht, ihn alleine in seinem Zimmer aufzusuchen. Sie habe ihm gesagt: "Wenn du das, was du mir gemacht hast, auch mit anderen machst, wirst du deine Karriere, deinen Ruf, deine Familie verlieren."

Thurmans Freundin Ilona Herman berichtete der New York Times, die Schauspielerin sei nach dem Treffen sehr aufgewühlt gewesen. Sie habe ihr gesagt, dass Weinstein ihr damit gedroht habe, ihre Karriere zu zerstören.

Zu Thanksgiving, Ende November, hatte Thurman sich zum ersten mal wirklich zur "Me Too"-Debatte geäußert. In einem Instagram-Post schrieb sie, sie habe ihre Gründe, wütend zu sein. Doch es sei wichtig, sich Zeit zu nehmen, fair und genau zu reagieren. Also wünsche sie all ihren Followern ein frohes Thanksgiving - "Außer dir, Harvey, und all deinen bösen Verschwörern. Ich freue mich, dass es langsam geht - du verdienst keine Kugel."

In der New York Times spricht Thurman auch über ihre Aussage auf dem roten Teppich im vergangenen Oktober. Sie habe zwar das Wort "Wut" benutzt, habe aber eher mit den Tränen gekämpft. "Was Sie also auf dem roten Teppich wirklich gesehen haben, war eine Person, die Zeit schinden wollte."

Nun sagt Thurman: "Das schwierige Gefühl, das ich wegen Harvey habe, ist, wie schlecht ich mich fühle wegen all der Frauen, die von ihm attackiert wurden, nachdem er mich attackiert hatte." Sie sehe sich als einen der Gründe, dass weitere junge Mädchen alleine in Weinsteins Zimmer gingen, so wie sie es tat. "All diese Lämmer sind in sein Schlachthaus gelaufen, weil sie überzeugt davon waren, dass niemand eine solche Position erreichen könnte, der ihnen etwas Illegales antun würde - doch er tat es."

Weinstein weist die Anschuldigungen zurück, Thurman angegriffen und bedroht zu haben. Er räume einen "ungeschickten Annäherungsversuch vor 25 Jahren" ein, erklärte seine Pressesprecherin in einer Stellungnahme. Der Produzent habe Thurmans "Signale" nach einem Flirt in Paris missverstanden und sich sofort entschuldigt. Weinstein sei "traurig und verwirrt", warum seine "Kollegin und Freundin" 25 Jahre gewartet habe, die Vorwürfe öffentlich zu machen.

Weinsteins Anwalt Ben Brafman hat eine Überprüfung möglicher rechtlicher Schritte gegen Thurman angekündigt.

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