Maßnahme gegen exzessives Trinken:Großbritannien will Mindestpreis für Alkohol einführen

Das Ziel: 50.000 Straftaten und 900 alkoholbedingte Todesfälle weniger. In Großbritannien ufern Sauf-Exzesse besonders unter Jugendlichen so sehr aus, dass die Regierung nun Mindestpreise für Alkohol einführen will. Der Premierminister setzt große Hoffnungen in die geplante Maßnahme - doch es gibt massive Gegenwehr.

Christian Zaschke, London

Wer sich in Großbritannien betrinken will, kann das bislang für relativ wenig Geld tun. Supermärkte bieten reichlich Sonderangebote, vor allem Cider gibt es oft äußerst günstig. Doch nach dem Willen der Regierung hat das bald ein Ende. Innenministerin Theresa May hat am Freitag im Parlament angekündigt, dass Großbritannien einen Mindestpreis für Alkohol einführen wird. Der Grund: "Zu viele Menschen glauben, es war eine gute Nacht, wenn sie wirklich betrunken waren und sich geprügelt haben", sagte May.

The UK government to propose minimum price per unit of alcohol ac

Mit Einführung eines Mindestpreises würden Alkoholika im Supermarkt merklich teurer, im Pub blieben die Preise gleich.

(Foto: dpa)

Das Thema wird im Land schon lange diskutiert, jedoch konnte sich bisher keine Regierung dazu durchringen, etwas zu unternehmen. Besonders an Wochenenden wird in Großbritannien schwer getrunken, das sogenannte binge drinking, das hemmungslose Saufen, ist Teil der Kultur.

Diese Kultur kostet das Land sehr viel Geld: Der Schaden, der durch alkoholbedingte Straftaten entsteht, beläuft sich pro Jahr auf umgerechnet 15 Milliarden Euro. Die Zahl von Menschen mit ernsthaften Leberschäden ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen.

Der Gesundheitsminister ist gegen den Mindestpreis

Als Hauptproblem haben Experten das sogenannte pre-loading ausgemacht, also das Trinken vor dem Ausgehen (in Deutschland bisweilen als "vorglühen" bezeichnet). "Die Leute sind oft schon besoffen, bevor sie überhaupt in den Pub gehen", sagt Chief Constable Jon Stoddart, der in der Vereinigung der Polizeichefs für das Thema Alkohol zuständig ist. Die Polizei begrüßt die Pläne der Regierung, ebenso verschiedene Ärzte- und Gesundheitsorganisationen. Abgelehnt werden sie von der Getränkeindustrie - und von Gesundheitsminister Andrew Lansley.

Der Minister hatte sich gegen einen Mindestpreis ausgesprochen, den er als zu viel staatliche Intervention ansieht. Premierminister David Cameron hat ihn jedoch überstimmt. Der Premier hatte sich in den vergangenen Wochen mehrmals zum Thema geäußert und den Mindestpreis in Aussicht gestellt.

Nun soll er bei 40 Pence pro "Einheit" liegen. Als Einheit zählen zehn Milliliter reiner Alkohol, was umgerechnet einem kleinen Glas Whisky oder einem halben Glas Wein entspricht. Eine Flasche Rotwein mit im Schnitt 9,4 Einheiten würde also mindestens 3,76 Pfund kosten, selbst wenn sie schlimmsten Fusel enthielte. Im Supermarkt würde Alkohol dadurch merklich teurer, im Pub würde sich nichts ändern.

Cameron erwartet sich von der Einführung des Mindestpreises bis zum Ende des Jahrzehnts "jährlich 50.000 Straften und 900 alkoholbedingte Todesfälle weniger". Geplant ist, das entsprechende Gesetz im Herbst zu verabschieden. 2014 soll der Mindestpreis in Kraft treten. Es wird erwartet, dass die britische Getränkeindustrie Klage am Europäischen Gerichtshof einreicht und einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht geltend macht.

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