Massengräber in Malaysia:Menschenhändler unter Verdacht

Malaysia finds 139 graves of suspected trafficking victims

Ein malaysischer Polizist trägt menschliche Überreste aus den Massengräbern. Sie sollen untersucht werden.

(Foto: dpa)
  • Die Polizei hat in Malaysia Massengräber entdeckt. Es soll sich bei den Leichen um Flüchtlinge handeln.
  • Menschenhändler stehen unter Verdacht, die Flüchtlinge mit falschen Versprechungen auf ihre Boote gelockt zu haben und sie dann in Camps verfrachtet zu haben.
  • Die Internationale Organisation für Migration (IOM) warnt vor einer Katastrophe. Menschenrechtler geben den malaysischen Behörden eine Mitschuld an der Flüchtlingstragödie.

Skrupellose Schlepper haben in Südostasien womöglich Hunderte Flüchtlinge und Migranten ermordet oder sterben lassen. In Malaysia entdeckte die Polizei am Wochenende fast 140 Flüchtlingsgräber und zahlreiche verlassene Dschungelcamps.

In Padang Besar an der Grenze zu Thailand wurden die 139 Gräber mit teilweise mehr als zwei oder drei verscharrten Leichen darin gefunden. Bei den Opfern handelt sich offenbar um Angehörige der in ihrer Heimat Myanmar verfolgten muslimischen Minderheit der Rohingya und Menschen aus Bangladesch. Die Leichen würden nun exhumiert und untersucht, sagte Polizeichef Khalid Abu Bakar.

Zudem seien im Norden von Malaysia 28 von Menschenhändlern errichte Flüchtlingslager entdeckt worden - ebenfalls nur etwa 500 Meter von der Grenze zu Thailand entfernt. In einem der Lager könnten bis zu 300 Menschen gelebt haben.

"Wir wissen noch nicht, wie viele Leichen es sind", sagte Polizeichef Bakar. Regierungschef Najib Razak zeigte sich schockiert. "Wir werden die Verantwortlichen finden", kündigte er auf Twitter an. In Südthailand waren Ende April bereits mehr als zwei Dutzend verscharrte Leichen entdeckt worden.

Flüchtlinge sollen auf Boote gelockt worden sein

Überlebende Flüchtlinge hatten berichtet, dass sie oder ihre teils minderjährigen Kinder von Schleppern mit dem Versprechen auf Boote gelockt wurden, sie würden nach Malaysia eingeschleust und könnten dort gute Arbeit finden. Menschenhändler verfrachten viele Leute aber in Wirklichkeit in Camps und erpressen ihre bitterarmen Familien, für die Passage oder Freilassung Geld zu zahlen. Einige der Lager in Malaysia sollen mehr als fünf Jahre bestanden haben, sagte Innenminister Ahmad Zahid Hamidi. Die Polizei griff zuletzt mit Razzien gegen Menschenhändler durch, die sich dann nicht mehr trauten, die Leute an Land zu bringen.

Papst Franziskus appelliert an internationale Gemeinschaft

Papst Franziskus äußerte sich "äußerst beunruhigt" über das Schicksal der Bootsflüchtlinge in Südostasien. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, den Betroffenen "die nötige humanitäre Hilfe" zukommen zu lassen.

Menschenrechtler gaben den malaysischen Behörden eine Mitschuld an der Flüchtlingstragödie. Der Menschenhandel werde durch korrupte Grenzbeamte begünstigt, sagte Aegile Fernandez von der Aktivistengruppe Tenaganita. "Ich bin überzeugt davon, dass die Polizei die kriminellen Netzwerke kennt. Entscheidend ist, ob sie den Willen hat, sie zu stoppen."

Polizeichef Khalid wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Er verwies lediglich darauf, dass die Lager in einer abgelegenen Bergregion errichtet worden seien, die nur in einem mehrstündigen Fußmarsch zu erreichen sei.

IOM warnt vor Katastrophe

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) geht davon aus, dass noch mehrere Tausend Flüchtlinge auf hoher See driften, auch wenn die Marinen Malaysias und Indonesiens nach eigenen Angaben keine Flüchtlingsboote finden. "Das Gebiet ist riesig, dort sind 100 000 Fischerboote unterwegs", sagt IOM-Sprecher Joe Lowry. "Darunter das Dutzend mit Flüchtlingen zu finden, ist schwierig."

Etwa 3000 Menschen sind seit Anfang Mai in Malaysia und Indonesien an Land gekommen. Lowry warnte vor einer Katastrophe. "Die, die vergangene Woche Indonesien erreichten, waren in desolatem Zustand", sagte Lowry. Mehr als 130 000 Rohingya leben seit blutigen Unruhen 2012 in Myanmar in Internierungslagern. Die Regierung verweigerten ihnen grundlegende Versorgung.

Im Nachbarland Bangladesch fliehen viele aus einem Teufelskreis tiefer Armut. Bangladeschs Regierungschefin Scheich Hasina warf den Migranten am Wochenende vor, das Image des Landes zu beschmutzen. Die aus ihrem Land flüchtenden Menschen bezeichnete sie als "geistig krank". Es gebe genügend Arbeit in Bangladesch, sagte sie der staatlichen Nachrichtenagentur Sangbad Sangstha. Sowohl Menschenhändler als auch diejenigen, die illegal das Land zu verlassen suchten, müssten bestraft werden.

Bei einer internationaler Konferenz in Thailand mit 17 Teilnehmerländern soll am Freitag erörtert werden, wie den Menschenhändlern das Handwerk gelegt werden kann.

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