Massengrab in Mexiko:Nach Leichenfund geraten Polizisten unter Verdacht

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Mexiko: Forensiker bringen Körper in die Leichenhalle der Stadt Iguala, die zuvor in einem Massengrab nahe der Stadt entdeckt worden waren.

(Foto: AFP)
  • Mexikanische Behörden entdecken im Bundesstaat Guerrero ein Massengrab mit vielen Leichen.
  • Seit Ende September werden in der Region 43 Studenten vermisst. Sie wurden Berichten zufolge von Polizisten verschleppt, als sie auf eine Demonstration fahren wollten.
  • Seit 2006 wurden im Drogenkrieg in Mexiko mehr als 60 000 Menschen getötet, von Zehntausenden fehlt jeder Spur.

Von Peter Burghardt, Buenos Aires

Entdeckung von Massengräbern

Mexikos Drogenkrieg steckt voller Grauen und Rätsel, nun liefert das Gemetzel eine weitere Horrormeldung. Seit dem 26. September werden im mexikanischen Bundesstaat Guerrero 43 Studenten vermisst, sie waren nach Protesten in der Stadt Iguala mutmaßlich von bewaffneten Banden verschleppt worden. Am Wochenende wurden am Rande von Iguala geheime Gräber mit vorläufig unbekannten Leichen entdeckt. Die Ermittler wollen die Identitäten mit DNA-Analysen zuordnen und befürchten, dass es sich um die Verschwundenen handeln könnte.

Nach Angaben von Juan López Villanueva, dem Ombudsmann der mexikanischen Kommission für Menschenrechte, wurden an dem schwer zugänglichen Ort sechs Gruben gefunden. Zwei Polizisten sagten der Nachrichtenagentur AFP, dass mindestens 15 Leichen gefunden worden seien.

Der regionale Gesundheitsminister Lázaro Mazón Alonso sagte, die Identifizierung der Leichen werde vermutlich zwei Wochen dauern. Vor der Residenz des Gouverneurs Ángel Aguirre protestierten Angehörige der 43 Vermissten. "Warum ist Präsident (Enrique) Peña Nieto nicht hier? Es sind 43 und nicht zwei Opfer, und es sind keine Straftäter, sondern Studenten", kritisierte der Vater eines Studenten.

Reise zu Demonstration nach Mexiko-Stadt

Die Lehramtsstudenten hatten drei Busse gekapert und wollten zu einer Kundgebung ins 180 Kilometer entfernte Mexiko-Stadt fahren. Am 2. Oktober jährte sich dort das Massaker von Tlatelolco, wo Soldaten und Polizisten 1968 Hunderte friedlich protestierender Studenten erschossen.

Doch als die Lehramtsstudenten die Busse in Iguala in ihre Gewalt gebracht hatten, eröffneten Polizisten das Feuer. Das berichteten Augenzeugen der Nachrichtenagentur AFP. Drei Studenten wurden demnach getötet. Augenzeugen zufolge wurden Dutzende weitere Studenten in Polizeifahrzeugen fortgebracht.

Verstümmeltes Opfer

Ein Opfer wurde anderntags mit abgezogener Gesichtshaut und ausgestochenen Augen gefunden, solcher Sadismus ist ein Markenzeichen der Rauschgiftmafia. Von den übrigen Studenten fehlt seither jede Spur, auch der Bürgermeister von Iguala ist nicht mehr zu finden. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen.

Die Täter gehören möglicherweise zu der Gang Guerreros Unidos, die gegen andere Kartelle um Routen und Märkte kämpft und beste Beziehungen zur korrupten Polizei pflegt.

Zehntausende Tote und Vermisste im Drogenkrieg

In Guerrero wurden im vergangenen Jahr 2100 Morde registriert, es ist die derzeit gewalttätigste Region Mexikos. Zu dem Gebiet mit seiner für Dealer attraktiven Pazifikküste und der Autobahn nach Mexiko-Stadt gehören die Touristenstädte Acapulco und Taxco.

Gouverneur und Staatsanwalt versprechen Aufklärung, allerdings bleiben die meisten Verbrechen straffrei. Mindestens 80.000 Menschen wurden im Drogenkrieg in Mexiko seit 2006 getötet, mehr als 22.000 Menschen gelten offiziell als vermisst. Die Menschenrechtslage hat sich unter dem Präsidenten Enrique Peña Nieto zuletzt wieder verschlechtert.

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