Massengrab in Mexiko:Bandenmitglieder gestehen Massaker an Studenten

Teachers and relatives of the 43 missing Mexican youths protest

Lehrer und Angehörige der vermissten Studenten in Mexiko fordern bei Protesten Antworten.

(Foto: dpa)
  • Nach dem Verschwinden von Dutzenden von Lehramtsstudenten in Mexiko gestehen Gangster einer Verbrecherbande den Mord an 17 jungen Männern. Auch die örtliche Polizei soll in das Verbrechen verwickelt sein.
  • Der Sicherheitschef von Iguala wird ebenso wie Bürgermeister José Luis Albarca von der Justiz gesucht. Beide sind seit den Schüssen auf die Studenten auf der Flucht.
  • In einem Massengrab an dem Ort, wo die Studenten zuletzt gesehen wurden, sind inzwischen 28 Leichen entdeckt worden. Einige der Toten wurden verbrannt.

Verdächtige sollen gestanden haben

Nach dem Verschwinden von Dutzenden von Lehramtsstudenten im Südwesten Mexikos gestehen Mitglieder einer Verbrecherbande den Mord an den jungen Männern. Auch die örtliche Polizei soll in das Verbrechen verwickelt sein. Von den Studenten hatte nach einem Zusammenstoß mit der Polizei jede Spur gefehlt, am Wochenende waren die Ermittler dann auf ein Massengrab gestoßen.

Die Mitglieder der Verbrecherbande Guerreros Unidos und ein ebenfalls festgenommener Polizist hätten die Ermittler zu dem Massengrab in der Ortschaft Pueblo Viejo nordwestlich der Stadt Iguala geführt, teilte der Staatsanwalt des Bundesstaates Guerrero, Iñaky Blanco, nun bei einer Pressekonferenz mit. Der Sicherheitschef von Iguala habe angeordnet, die Studenten dorthin zu bringen. Der Mordauftrag sei vom Regionalchef der Guerreros Unidos gekommen. Dabei handele es sich um einen Mann, der "El Chuky" genannte werde.

Die Verdächtigen hätten ihre Beteiligung an der Tat eingeräumt, sagte Blanco. Sie sollen nach eigenen Aussagen insgesamt 17 der insgesamt 43 Studenten getötet haben. Allerdings wurden in dem Massengrab in Pueblo Viejo inzwischen 28 Leichen gefunden. Einige seien verstümmelt und verbrannt gewesen, sagte Blanco.

Wer die Guerreros Unidos sind

Die Guerreros Unidos (Vereinigte Krieger) wurden einst als bewaffneter Arm des Drogenkartells Beltrán Leyva, deren Boss gerade verhaftet worden ist, gegründet. Inzwischen dürfte die Bande, die gegen andere Kartelle um Routen und Märkte kämpft, auf eigene Rechnung arbeiten. Sie soll auch mehrere Polizisten in ihren Reihen haben.

Die vermissten Lehramtsstudenten hatten am vergangenen Wochenende drei Busse gekapert und wollten zu einer Kundgebung nach Mexiko-Stadt fahren. Am 2. Oktober jährte sich dort das Massaker von Tlatelolco, bei dem Soldaten und Polizisten 1968 Hunderte friedlich protestierender Studenten erschossen hatten. Doch in Iguala, 130 000 Einwohner, wurden die aktuellen Demonstranten gestoppt. Es fielen Schüsse, zwei Menschen starben, zahlreiche wurden verletzt.

DNA-Analyse soll Identität der Opfer klären

Ein Opfer wurde anderntags mit abgezogener Gesichtshaut gefunden, ein Markenzeichen der Rauschgiftmafia. Von den übrigen Studenten des Lehrerseminars Ayotzinapa fehlt seither jede Spur. Das Lehrerseminar gilt als politisch links und besonders aktiv bei politischen Protesten. Die meisten Studenten stammten aus einfachen Verhältnissen und gehören der indigenen Bevölkerung Mexikos an.

Die Polizei nahm danach 30 Beamte wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung fest. Die Verdächtigen von "Guerreros Unidos" sollen zudem gestanden haben, dass einige der Polizisten in Diensten der Bande stünden. Der Bürgermeister von Iguala ist seit dem Zusammenstoß verschwunden. Er war vorgeladen worden, um zu den Vorfällen auszusagen. Auch der Sicherheitschef von Iguala wird von der Justiz gesucht.

Ob es sich bei den nun entdeckten Leichen um die vermissten Studenten handelte, konnte noch nicht zweifelsfrei geklärt werden. Die Ermittler wollen die Identitäten mit DNA-Analysen zuordnen. Die Untersuchungen würden insgesamt bis zu zwei Monaten dauern, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit.

62 Morde je 100 000 Einwohner

Unterdessen protestierten Angehörige der Vermissten vor der Residenz von Guerreros Gouverneur Ángel Aguirre. "Warum ist Präsident (Enrique) Peña Nieto nicht hier? Es sind 43 und nicht zwei Opfer, und es sind keine Straftäter, sondern Studenten", kritisierte der Vater eines Vermissten.

Guerrero gilt mit knapp 62 Morden je 100 000 Einwohnern als der gefährlichste Bundesstaat Mexikos. Gouverneur und Staatsanwalt versprechen Aufklärung, allerdings werden die meisten Verbrechen nicht geahndet. Mindestens 80.000 Menschen wurden im Drogenkrieg in Mexiko seit 2006 getötet, mehr als 22.000 Menschen gelten offiziell als vermisst.

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