Kachelmann-Prozess vertagt:67 Seiten Befangenheitsvorwürfe

Mit Spannung wurde der Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann erwartet. Doch kurz nach der Eröffnung hat das Landgericht Mannheim das Verfahren wegen schwerer Vergewaltigung vertagt. Kachelmann hält zwei Richter für befangen.

Das Interesse an dem, was an diesem Montag im Sitzungssaal 1 des Mannheimer Landgerichts verhandelt werden sollte, war riesig: Dutzende Medienvertreter waren schon vor dem offiziellen Prozessbeginn um neun Uhr vor Ort und zahlreiche Schaulustige hofften auf einen der 85 für die Öffentlichkeit vorgesehenen Plätze.

Jörg Kachelmann

Jörg Kachelmann bei seiner Haftentlassung Anfang August: Die Staatsanwaltschaft wirft dem 52-Jährigen Schweizer vor, seine langjährige Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben.

(Foto: dpa)

Als der erste Prozesstag dann mit leichter Verspätung tatsächlich losging, wurde es ein unspektakulärer und vor allem kurzer Beginn der gerichtlichen Aufarbeitung der Causa Kachelmann: Das Gericht vertagte den mit Spannung erwarteten Prozess gegen den wegen Vergewaltigung angeklagten Wettermoderator nach nicht einmal fünf Minuten auf den 13. September.

Zuvor hatten die Anwälte Kachelmanns Befangenheitsanträge gegen zwei Richter der Mannheimer Kammer gestellt. Das 67-seitige Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter Michael Seidling und die Richterin Daniela Bültmann wurde zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts gegeben.

Zur Begründung der Prozessunterbrechung sagte Verteidiger Reinhard Birkenstock: "Herr Kachelmann hat den Befangenheitsantrag gestellt, weil die Sorge besteht, dass die beiden abgestellten Richterpersönlichkeiten ihm nicht mit der nötigen Unvoreingenommenheit gegenüberstehen." Den Grund für die Befangenheitsbefürchtungen wolle man aus Rücksicht auf die Richter nicht öffentlich machen.

Vor dem Prozess hatte es Spekulationen gegeben, dass der Vorsitzende Richter privat mit dem Vater des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers bekannt ist: Die Bild-Zeitung schreibt, einer der beiden Richter stamme aus dem Nachbarort der Nebenklägerin.

Die Verteidiger kritisierten auch das Verhalten der Staatsanwaltschaft, die früh den Namen des Moderators bekanntgegeben habe. "Dies hat Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Mandanten", sagte Kachelmann-Anwalt Ralf Höcker.

Der 52-jährige TV-Moderator war zu Prozessauftakt persönlich vor Gericht erschienen: Kachelmann, sorgfältig frisiert, im dunkelblauen Nadelstreifenanzug mit hellgrauer Krawatte, wirkte konzentriert und darauf bedacht, den Blick nicht ins Publikum zu wenden.

Auch das mutmaßliche Opfer war im Mannheimer Sitzungssaal zugegen: Still und mit gesenktem Kopf saß die blonde Radiomoderatorin neben ihrem Anwalt, auf Fragen reagierte die 37-Jährige nicht. Ihr Verteidiger Thomas Franz bat darum, die Persönlichkeitsrechte seiner Mandantin nicht zu verletzen und keine Fotos oder Videos von ihr zu veröffentlichen. Sie soll voraussichtlich am 13. Oktober angehört werden.

Die Frauenrechtlerin und Journalistin Alice Schwarzer, die für die Bild-Zeitung über das Verfahren berichtet, äußerte großen Respekt vor der Entscheidung der ehemaligen Geliebten, vor Gericht zu erscheinen: "Da hat eine gedemütigte Frau ihren Hut in den Ring geworfen", sagte Schwarzer. Sie betonte jedoch: "Wir wissen nicht, ob sie wirklich vergewaltigt wurde oder nicht."

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Schweizer Kachelmann vor, seine langjährige Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Kachelmann selbst hat die Vorwürfe stets bestritten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Der Fernsehmetereologe hatte zu Prozessbeginn sein Verteidigerteam erweitert: Neben dem Kölner Rechtsanwalt Birkenstock wird er nun auch von der Heidelberger Strafverteidigerin Andrea Combé vertreten.

Neben dem mutmaßlichen Opfer sollen vor Gericht 25 Zeugen vernommen werden, darunter laut Staatsanwaltschaft auch "diverse weibliche Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten". Zudem sind fünf Sachverständige geladen. Der Prozess, der unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, ist derzeit bis zum 27. Oktober terminiert.

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