Malaysia:Mit Kokosnuss und Bambusrohr

Malaysia: Wer braucht zur Landesverteidigung schon Panzer und Flugzeugträger? Wenn man Schamane ist, reichen Bambusrohre und Kokosnüsse aus.

Wer braucht zur Landesverteidigung schon Panzer und Flugzeugträger? Wenn man Schamane ist, reichen Bambusrohre und Kokosnüsse aus.

(Foto: Mohd Rasfan/afp)

Der Schamane Raja Bomoh Sedunia will die Grenzen seines Landes mit einem Zauber schützen. Die Regierung aber ist dagegen.

Von Arne Perras, Singapur

Eigentlich könnte sich jeder Staat glücklich schätzen, wenn er einen "Bomoh" hätte. So heißen in Malaysia die Schamanen, von denen nun einer ausgezogen ist, um die Landesgrenzen zu verteidigen. Für seine Mission braucht dieser Zauberer keine teuren Panzer, U-Boote oder Kampfflieger. Der Wunderheiler Ibrahim Mat Zin, auch "Raja Bomoh Sedunia" genannt, musste das Verteidigungsbudget überhaupt nicht belasten. Ihm reichen zum Schutz seines Landes schon ein paar Bambusrohre und Kokosnüsse aus.

Genau genommen, sagte Bomoh, beschütze er Malaysia schon seit 70 Jahren

Kürzlich stand Raja Bomoh also im dunklen Anzug und roter Krawatte am Strand, so zeigt es ein Internetvideo, hinter ihm Mangroven. Die Wellen umspülten seine Beine und er vollführte seinen Zauber zum Schutze der Nation. Er brachte Bambusrohre in Stellung, sodass sie schräg aus dem Wasser ragten und - sehr entfernt - an Kanonenrohre erinnerten. Außerdem tanzte er mit zwei Kokosnüssen herum und ließ sie schließlich unter geheimnisvollem Gemurmel in den Ozean plumpsen.

Mit diesem animistischen Ritus will der Schamane einen Schutzwall um Malaysia gezogen haben. Nur für den Fall, dass es Nordkorea irgendwann einmal ernst meint und vielleicht eine Rakete Richtung Süden abfeuert. Genau genommen, sagte Bomoh, beschütze er Malaysia schon seit 70 Jahren. Und jetzt, da es nach dem Giftmord am Halbbruder des Diktators Kim Jong-un in Kuala Lumpur um das Verhältnis zwischen Nordkorea und Malaysia schlecht steht, fühlte sich der 86-Jährige berufen, seinen Schamanen-Pflichten nachzukommen.

Nur der malaysische Staat war darüber gar nicht glücklich. Der Bomoh hat den Zorn der Regierung erregt.

Zwar war Ibrahim Mat Zin viel Aufmerksamkeit sicher, Zehntausende haben das Video vom Schamanen am Strand gesehen. Aber die Regierung findet, er habe Malaysia, das sich als aufstrebender moderner Staat versteht, international der Lächerlichkeit preisgegeben. Und nicht nur das.

Ein islamischer Rechtsgelehrter klagt zudem, der Schamane habe den Islam beleidigt, womit schon deutlich wird, dass der in Malaysia tief verwurzelte Geisterglaube nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen ist mit den Geboten der vorherrschenden Religion. Nun fahndet die Polizei nach Bomoh, der erst einmal abgetaucht ist.

Nun muss man wissen, dass das Schamanentum in Malaysia immer noch viele Anhänger findet, was damit erklärt werden kann, dass das Verlangen nach Spiritualität in dem modernen Land nur unzureichend befriedigt wird. Die Gesellschaft hat sich in rasendem Tempo zu einer hoch technisierten Konsumgesellschaft entwickelt, manche fühlen sich spirituell abgehängt. Anthropologen sprechen von "entwurzelten Seelen".

Offenbar deckt auch die vorherrschende Religion des Islam nicht alle Bedürfnisse des Glaubens ab, was deren Gelehrte so aber kaum formulieren würden. Die Gelehrten warnen stattdessen vor der angeblich schädlichen schwarzen Magie, während sich der ein oder andere Malaysier immer noch hingezogen fühlt zu traditionellen Wunderheilern, die nicht so abgehoben erscheinen wie manche islamische Würdenträger.

Er ist davon überzeugt, dass die Maschine nun da ist, wo elfengleiche Wesen leben

Bomoh beharrt darauf, dass es ihm nicht um Ruhm oder Geld gehe, er wolle nur beten, um einen Schutzwall für Malaysia zu errichten. Schon vor drei Jahren hatte er von sich Reden gemacht, als er mit seinen sehr speziellen Schamanen-Künsten nach dem auf Flug MH370 verschollenen Flugzeug fahndete. Unter anderem kamen schon damals Bambusrohre zum Einsatz, um zu ermitteln, was modernster Technik bisher nicht gelang. Bomoh ist davon überzeugt, dass die verschollene Maschine ein Paralleluniversum erreicht hat, wo elfengleiche Wesen leben. Und in der Zeitung Sunday Times in Singapur prognostizierte er nun: "Es wird 25 Jahre vermisst sein und dann zurückkehren."

Vorerst aber blicke er auf die Gefahren für die Landesgrenzen. "Wir nutzen unsere alten Methoden, um Wasser, Luft und Erde abzuschirmen, damit Raketen gar nicht erst in Malaysia einschlagen", sagte Bomoh. Aber der Staat will seine Dienste und Künste nicht würdigen.

Das Leben eines Schamanen war auch schon mal einfacher.

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