London:Schal soll Rätsel um Jack the Ripper lösen

"Definitiv, kategorisch und absolut" sicher ist sich "Sessel-Detektiv" Russell Edwards: Er will Londons berühmtesten Serienmörder identifiziert haben. Doch wie verlässlich ist der Test einer 126 Jahre alten DNA-Probe?

  • Hobbydetektiv Russell Edwards will das Rätsel um Jack the Ripper gelöst haben.
  • Der Durchbruch soll mithilfe neuer DNA-Technik gelungen sein.
  • Der Ripper war demnach der polnische Immigrant Aaron Kosminski.

Stellen Sie sich vor, Ihr Mann, ein Polizist, bringt Ihnen am Abend ein Geschenk mit nach Hause: einen Schal. Eine solche Aufmerksamkeit ist ja ganz nett und hält die Ehe lebendig, könnte man meinen. Nun ja. Sergeant Amos Simpson hatte den Schal neben der verstümmelten Leiche der Prostituierten Catharine Eddowes gefunden, das Blut der Frau klebte noch daran. Eddowes war das vierte Opfer von Londons berühmtestem Serientäter - Jack the Ripper.

"Sessel-Detektiv" Russell Edwards will Ripper identifiziert haben

So erzählt Russell Edwards die Geschichte jenes Textils, das ihm nach eigenen Angaben zum Durchbruch in dem mehr als 100 Jahre alten Fall verhalf. Der selbsternannte "Sessel-Detektiv" beschäftigt sich seit 14 Jahren mit dem mysteriösen Kriminalfall und hat den Schal 2007 auf einer Auktion gekauft. Mithilfe des Molekularbiologen Jari Louhelainen will es der 48-Jährige schließlich geschafft haben, den Ripper zu identifizieren. "Als wir die Wahrheit entdeckten - das war das herrlichste Gefühl meines ganzen Lebens", sagte Edwards laut britischer Press Association. Am Dienstag erscheint Edwards' Buch "Naming Jack the Ripper".

Londons berühmtester Serienmörder: ein polnischer Immigrant

"Definitiv, kategorisch und absolut" sicher sei er sich seiner Sache, sagt der Autor zu seinem angeblichen Durchbruch. Demnach handelt es sich bei dem Ripper um den aus Polen eingewanderten Frisör Aaron Kosminski. Die Londoner Polizei hatte nach den Frauenmorden im Herbst 1888 Kosminski zwischenzeitlich tatsächlich im Visier. Berichten zufolge hatte ein Zeuge die Ermittler zu dem jüdischen Einwanderer geführt, weil er Kosminski mit einem der Ripper-Opfer gesehen hatte.

Kosminski wurde am 11. September 1865 in Kłodawa geboren, eine Kleinstadt zwischen Posen und Warschau. Unter dem Druck antisemitischer Pogrome siedelte die Familie nach London über, wo Kosminski in der Gegend im Osten der Stadt lebte, wo auch Jack the Ripper seine Taten verübte. 1889 ging er in ein Armenhaus, das er bald wieder verlassen musste. Kurz darauf landete Kosminski in einer "Irrenanstalt". Er starb am 24. März 1919 und wurde auf dem Friedhof East Ham im Osten Londons beigesetzt.

Zweifel von anderen Ripper-Forschern

Ob die Suche nach der wahren Identität von Jack the Ripper nun wirklich zu Ende ist, bleibt aber fraglich. In der Vergangenheit glaubten schon viele Autoren und Wissenschaftler, den Fall aufgeklärt zu haben. Auch Edwards DNA-Beweis ist offenbar nicht eindeutig. Der britische Genetiker Alec Jeffreys, der vor 30 Jahren den genetischen Fingerabdruck erfand, meldete Zweifel an. Er forderte im Gespräch mit der Zeitung The Independent eine unabhängige Überprüfung von Edwards Funden. Jeffreys sagte dem Blatt: "Noch wurde kein tatsächlicher Beweis vorgelegt." Richard Cobb, der Jack-the-Ripper-Stadtführungen und -Konferenzen organisiert, sagte der Times: "Der Schal wurde von massenweise Leuten angefasst, die ihn berührt, angehaucht und darauf gespuckt haben." Die DNA-Probe sei daher nicht sonderlich verlässlich.

Mindestens fünf Frauenmorde

In Whitechapel wurden 1888 und 1889 insgesamt elf Frauen getötet, fünf von ihnen werden auf jeden Fall dem Ripper zugerechnet. Mary Ann Nichols, Annie Chapman, Elizabeth Stride, Mary Ann Kelly und Catharine Eddowes - der jener Schal gehört haben soll, der nun zu den angeblich bahnbrechenden Ergebnissen führt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: