London:Polen fordert besseren Schutz für Staatsbürger in Großbritannien

  • Vor einer Woche erlag ein Pole nach einem Angriff vor einem Imbiss im englischen Harlow seinen Verletzungen. Die Polizei ermittelt gegen sechs Jugendliche, unter anderem wegen eines Hassverbrechens.
  • Am Sonntag wurden erneut zwei polnische Staatsbürger in Harlow angegriffen und verletzt.
  • Jetzt schaltet sich die polnische Regierung ein.

Seit dem Brexit-Votum am 23. Juni häufen sich fremdenfeindliche Vorfälle gegenüber Polen in Großbritannien. Die Regierung in Warschau ist bestürzt: Wie das polnische Außenministerium gestern mitteilte, sollen drei Minister möglicherweise bereits heute nach London reisen, um von der britischen Regierung ein klares Bekenntnis zum Schutz polnischer Staatsbürger zu verlangen.

Der Sprecher des polnischen Außenministeriums kündigte eine "Dringlichkeitsreise" von Außenminister Witold Waszczykowski, Justizminister Zbigniew Ziobro und Innenminister Mariusz Błaszczak in die britische Hauptstadt an. Mit Blick auf den geplanten EU-Austritt Großbritanniens wollten sie darauf hinweisen, dass dies nicht bedeuten dürfe, "dass die legal im Vereinigten Königreich arbeitenden Polen leiden werden".

Mögliche Hassverbrechen gegen Polen sind Hintergrund der Reise

Großbritanniens Außenminister Boris Johnson hatte bereits am Samstag bei einem Treffen mit dem polnischen Außenminister in Warschau dazu aufgerufen, gegen Fremdenhass im Land vorzugehen: "Wir sind uns einig, dass es absolut gar keinen Platz für Fremdenhass in unserer Gesellschaft gibt". Polen setze darauf, dass die britische Regierung und die Sicherheitskräfte jeden fremdenfeindlichen Akt unterbänden, sagte Außenminister Waszczykowski.

Auslöser für diese Dringlichkeitsreise sind nun weitere Angriffe auf polnische Staatsbürger in Großbritannien. Wie die Polizei in der südostenglischen Grafschaft Essex mitteilte, wurden zwei polnische Männer am Sonntag in den frühen Morgenstunden angegriffen. Es könne sich dabei um ein aus Hass begangenes Verbrechen handeln, hieß es. Zeugenaussagen zufolge seien vier oder fünf Angreifer auf die beiden etwa 30 Jahre alten Männer vor einem Pub in Harlow losgegangen. Ein Opfer trug eine Schnittwunde am Kopf davon, der andere eine gebrochene Nase.

Debatte über Ausländerhass in Großbritannien

Erst am vergangenen Montag war ein 40-jähriger Pole an seinen Verletzungen gestorben, nachdem er vor einem Imbiss in Harlow angegriffen und verprügelt worden war. Die britische Polizei ermittelt gegen sechs Jugendliche, unter anderem wegen eines Hassverbrechens. Die Teenager befinden sich unter Auflagen auf freiem Fuß. Auch die polnischen Behörden haben Ermittlungen eingeleitet.

Ob die Tat wirklich einen ausländerfeindlichen Hintergrund hat, ist zwar unklar. Sie löste aber in Großbritannien eine Debatte über Ausländerhass aus. Medien spekulierten, der jüngste Angriff könne im Zusammenhang mit einer Gedenkveranstaltung für den vergangene Woche getöteten Mann stehen. Einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Taten schloss die Polizei aber aus.

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