Limburg:Tebartz' Protzbau ist jetzt Touristenattraktion

Bistum Limburg

Durch die Fenster sieht man auf Mauern aus dem 14. Jahrhundert. Franz-Peter Tebartz-van Elst ließ den Neubau des Bischofssitzes unmittelbar vor dem Dom von Limburg planen.

(Foto: Thomas Frey/dpa)

Mehr als 2000 Besucher haben das Anwesen auf dem Domberg in Limburg schon besucht. Sogar ein Blick ins Schlafzimmer ist möglich.

Von Matthias Drobinski, Limburg

Leere Räume haben immer etwas Trauriges, Limburgs berühmteste Wohnung wirkt auf besondere Weise entseelt. Man ist oben auf dem Domberg durch das schwere bronzene Eingangsportal gegangen, an hellem Stein und barocken Heiligenfiguren vorbei; hat in der Kapelle die blauen Fenster bewundert und den gotischen Fachwerkbau der Alten Vikarie, restauriert mit aller Handwerkskunst.

Und dann steht man in der Bischofswohnung, geht durchs riesige Wohnzimmer mit Kamin und leeren, weißen Regalen zur eher symbolisch gemeinten Küche. Bad und Schlafzimmer sind im Stockwerk darunter. Ein Fitnessraum, dessen Sauna nie eingebaut wurde, eine Ankleide, groß wie anderer Leute Kinderzimmer. Eine Duschenlandschaft mit Regen von der Decke und Düsen in der Wand; jene Badewanne, die zum Symbol des Verschwendungswillens des Bauherrn Franz-Peter Tebartz-van Elst wurde, wirkt da enttäuschend unspektakulär. Vor den Fenstern bereiten Mauern aus dem 14. Jahrhundert Beklemmung. Souterrain bleibt Souterrain, auch, wenn man es einrichtet wie die Wohnung eines neureichen Bankers. "Wie im Bunker", sollen Besucher gesagt haben.

2000 Menschen haben das Gebäude mittlerweile besichtigt

"Unsere Führungen sind neutral", sagt Stephan Schnelle, der Sprecher des Bistums Limburg. Um die 2000 Menschen haben mittlerweile das Diözesane Zentrum auf dem Limburger Domberg besichtigt, begeisterte Architekten, empörte Gläubige, Sensationssucher, denen die goldenen Wasserhähne fehlten.

Nichts soll beschönigt werden, sagt Schnelle, es soll aber auch keine Stimmung gemacht werden gegen den ehemaligen Hausherrn mit den vielen Sonderwünschen, an deren Ende der Bau 30 Millionen Euro kostete und nicht sechs Millionen, wie es ursprünglich hieß. Wobei sich der Sprecher eines nicht verkneifen kann: Er drückt im Gästezimmer einen Knopf. Da hebt sich die goldene Standuhr auf dem Sideboard, ein Flachbildschirm wächst aus dem Möbelstück.

Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Tebartz-van Elst der Skandal über den Kopf wuchs und er im Oktober 2013 nach Rom floh. Nun soll er sich dort um die Neuevangelisierung Europas kümmern und ist immer noch überzeugt, in Limburg keinen Fehler gemacht zu haben. Der Bau auf dem Berg aber ist den Limburgern geblieben, als steingewordene Vermischung von Bischofsamt und Person, Gottesdienst und Selbstverwirklichung. Was tun damit? Den Nachfolger dort einquartieren?

Es wird Zeit, dass dieser Nachfolger kommt, heißt es in Limburg. Im März 2014 setzte Papst Franziskus den Paderborner Weihbischof Manfred Grothe zum Bistumsverwalter ein; Grothe hatte schon die Prüfkommission der Bischofskonferenz geleitet, die aufklären sollte, was rund um den Bau des Bischofssitzes geschah.

Wer wird das Bistum in Zukunft führen?

Es gibt kaum jemanden im Bistum, der Grothe nicht gute Absicht attestiert - und viele, die auch sagen, er habe als Übergangsverwalter eine gute Arbeit gemacht. Er hat versucht, von Tebartz einen Schadenersatz zu bekommen - das Verfahren an der Kurie ist gescheitert, auch, weil der Bischof dort mächtige Fürsprecher hat. Er hat Ruhe ins Bistum gebracht und einen Aufarbeitungsprozess begonnen, der die Wunden heilen soll, die in den sechs Jahren der Amtszeit von Tebartz-van Elst entstanden sind. Doch mittlerweile ist Grothe 77 Jahre alt und wäre froh, von der Arbeit entbunden zu werden, die auch manchen 50-Jährigen an seine Grenzen bringen würde.

Denn offene Wunden gibt es noch viele im Bistum. "Viele jüngere konservative Priester stehen geradezu vaterlos da", sagt ein Bistums-Insider - und auch in Limburg gibt es Gläubige, die den Bischof vor allem für das Opfer einer Medienkampagne halten.

Erst im Herbst wird es einen neuen Bischof geben

Tebartz-Kritiker wie der emeritierte Pfarrer Hubertus Janssen wiederum finden, dass Grothes Rede von der Versöhnung eine wirkliche Aufarbeitung bislang verhindert hat: "Es bräuchte eine Dokumentation", sagt er, "es muss geklärt werden, wie sich innerhalb weniger Jahre im Bistum ein System mit totalitären Zügen etablieren konnte". Es wurde ja nicht einfach nur der falsche Mann gewählt, sagt auch einer mit tiefen Einblicken ins Limburger Domkapitel, "es hat ja das ganze System der Bischofswahl und Auswahl Schaden gelitten".

Nach dem Preußen-Konkordat, das für das Bistum Limburg gilt, bestimmt nun der Papst aus mehreren Vorschlagslisten eine Dreierliste, aus der wiederum das Domkapitel den Bischof auswählt. Die Listen, so heißt es, sind mittlerweile in Rom. Doch wahrscheinlich wird es bis zum Herbst dauern, bis es in Limburg einen neuen Bischof gibt: Auch in Aachen muss ein Bischofssitz neu besetzt werden. Und es ist nicht einfach, jemanden für das verwundete Bistum zu finden - bei den jüngsten Bischofssuchen haben Kandidaten abgesagt, denen die Aufgabe zu schwierig erschien.

Das in katholischen Kreisen beliebte Spiel mit den Namen hat schon begonnen. Limburgs Weihbischof Thomas Löhr wird genannt - aber kann es einer aus dem Bistum werden? Kölns ehemaliger Generalvikar Dominik Schwaderlapp - den will das Domkapitel angeblich nicht. Auch der jetzige Sekretär der Bischofskonferenz, Hans Langendörfer wird gehandelt - nur ist der noch kein Bischof. "Wer immer es wird", sagt ein Bistums-Insider, "er darf nicht in die Bischofswohnung ziehen. Sie prägt den Menschen, der da wohnt."

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