Leipzig:Zweijähriger verdurstet neben toter Mutter

Keiner der Nachbarn bemerkte, welche Tragödie sich nebenan abspielte: In Leipzig ist eine 26-Jährige in ihrer Wohnung gestorben. Ihr kleiner Sohn verdurstete vermutlich wenige Tage später. Die Frau war wegen Drogenmissbrauchs bei den Behörden bekannt.

Drama in Leipzig: Ein zweijähriger Junge ist dort neben seiner toten Mutter vermutlich verdurstet. Nach dem Tod der 26-Jährigen sei das Kind allein und hilflos in der Wohnung zurückgeblieben und wenige Tage später ebenfalls verstorben.

Rettungskräfte und Polizeibeamte hatten die beiden Toten in der Nacht zum Sonntag entdeckt, wie die Polizeidirektion Leipzig gestern mitteilte. Warum niemand die Frau und ihren kleinen Sohn vermisste oder mögliche Hilferufe des Jungen hörte, ist nicht bekannt.

Die Mutter des Zweijährigen war dem Jugendamt seit ihrem 16. Lebensjahr wegen Drogenmissbrauchs bekannt. Sie sei direkt nach der Geburt des Kindes im April 2010 in eine Mutter-Kind-Einrichtung gezogen und habe danach eine Drogentherapie begonnen, sagte die Chefin des Allgemeinen Sozialen Dienstes Leipzig, Sibyll Radig, vor Journalisten. Den letzten Kontakt der Jugendbehörde mit der alleinerziehenden jungen Hartz-IV-Empfängerin habe es am 10. April gegeben. "Die Mutter war mit neuem Lebenspartner und Kind bei uns und teilte mit, dass sie wegziehen will. Mutter und Kind machten einen guten Eindruck", sagte Radig.

"Schnittstellen im Beratungssystem prüfen"

"Wir können diese Lücke vom 10. April bis zu dem Tag, an dem es passiert ist, nicht schließen", sagte Leipzigs Jugendamtsleiter Siegfried Haller. Es müsse nun genau geprüft werden, ob bei den Behörden alle bundesweit geltenden Standards eingehalten wurden. "Wir werden im Nachgang auch die Schnittstellen im Beratungssystem prüfen", sagte Haller.

Noch nicht endgültig klar ist, woran Mutter und Kind starben. Die Leichen wurden obduziert, die Staatsanwaltschaft bezeichnete die Ergebnisse der Untersuchung aber als vorläufig. Zu den Todesursachen wollten sich die Ermittler noch nicht endgültig festlegen. Zunächst hatte es geheißen, die 26-Jährige sei multiplem Organversagen erlegen. Das wollte Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz jedoch nicht bestätigen. Ob das Kleinkind tatsächlich verdurstet sei, müssten ebenfalls weitere Untersuchungen ergeben.

"Es gibt bisher keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder eine Straftat im Zusammenhang mit dem tragischen Tod der Mutter und des Kindes", sagte der Staatsanwalt.

Mit Verweis auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte machte die Staatsanwaltschaft Leipzig keine Angaben zum Vater des Kindes. Die Angehörigen seien informiert worden, sagte Schulz lediglich.

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