Laserpointer:Blind im Landeanflug

Lesezeit: 4 min

Immer mehr Störer blenden Piloten mit Laserlicht und gefährden damit den Luftverkehr. Abgeordnete fordern jetzt, den Import und Verkauf der Geräte einzuschränken.

Kim-Björn Becker

Plötzlich ist alles grell, das abgedunkelte Cockpit wenige Sekunden vor der Landung hellgrün erleuchtet. Die Lichter der schnell näher kommenden Landebahn scheinen verschwunden zu sein, die Anzeigen im Cockpit undeutlich. Flugkapitän Jörg Handwerg wurde mit einem Laser geblendet. Kurz vor der Landung. Es ist eine höchst gefährliche Situation - eigentlich, doch diesmal war es nur eine Simulation von Wissenschaftlern der Fachhochschule Köln. Als Sprecher der Pilotengewerkschaft Cockpit wollte sich Handwerg ein eigenes Bild davon machen, was seinen Kollegen mittlerweile regelmäßig passiert.

Laser-Blendattacken auf Verkehrsflugzeuge nehmen stetig zu: Im Jahr 2010 wurden der Deutschen Flugsicherung 388 solcher Angriffe gemeldet, 2009 waren es noch 117. Am stärksten waren die großen Flughäfen in Frankfurt, Köln/Bonn, Stuttgart und Berlin betroffen. Aber auch im Umfeld von Regional-Airports wie Zweibrücken, Mannheim und Emden gab es Laser-Attacken. Bereits seit Oktober 2009 müssen Piloten deutscher Fluggesellschaften dem Luftfahrtbundesamt in Braunschweig melden, wenn sie geblendet wurden, so ernst ist den Behörden das Problem.

"Selbst wenn der Laserstrahl nicht direkt das Auge des Piloten trifft, sondern sich lediglich in der Cockpitscheibe bricht, ist der Blendeffekt enorm", sagt Jörg Handwerg. Die Gewerkschaft fordert daher schon lange ein Verbot von leistungsstarken Laserpointern. Dabei geht es den Piloten um Geräte, die den Laserklassen drei und vier zugeordnet werden. Diese Laserpointer haben eine Leistung von mehr als einem Milliwatt, ihr Licht ist für das menschliche Auge potentiell gefährlich.

Daher warnt die Bonner Strahlenschutzkommission bereits seit einiger Zeit vor dem Einsatz solch starker Laser. Sie dürfen in Deutschland offiziell nicht verkauft werden, ihr Besitz ist aber nicht strafbar. Doch über ausländische Internetseiten ist es problemlos möglich, einen Stark-Laser zu erwerben - das geltende Verkaufsverbot ist damit praktisch wirkungslos.

Laser der Klassen eins und zwei, wie sie etwa bei Vorträgen zum Einsatz kommen, sind für das Auge weitgehend ungefährlich. Außerdem haben sie wegen ihrer geringeren Leistung auch nur eine kleine Reichweite.

Allerdings kommt erschwerend hinzu, dass der Trend zu immer leistungsstärkeren Lasergeräten geht: "Im Markt setzt sich die Tendenz fest, die Laserstrahlung auf den gefährlich hohen Wert von fünf Milliwatt anzuheben, anstatt sie auf ein Milliwatt zu begrenzen", schreibt die Strahlenschutzkommission in einem Gutachten aus dem Jahr 2005. Dazu kommt, dass grüne Laserpointer immer beliebter werden. Sie sind bei gleicher Leistung für das menschliche Auge bis zu siebenmal besser wahrnehmbar als rote - oder, anders gewendet, für Piloten siebenmal störender und damit gefährlicher. Auch das sind Gründe, weshalb die Pilotengewerkschaft Cockpit starke Laser am liebsten ganz verbieten lassen würde.

Unterstützung erhält sie nun von beinahe allen Fraktionen im Bundestag. Vielleicht waren es die alarmierenden Zahlen des Luftfahrtbundesamts, die das Thema Laser plötzlich auf das Radar der Politik brachten. Günter Krings, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, hatte sich auf einer Luftsicherheitstagung in Potsdam als Erster zu dem Problem geäußert. "Die Politik steht in der Handlungspflicht", sagte Krings und sprach sich dafür aus, starke Laser als Waffen zu klassifizieren, um ihren Gebrauch zu unterbinden. Alternativ könne ein Importstopp geprüft werden, sagte der Abgeordnete.

Das Bundesinnenministerium äußerte sich jedoch zurückhaltend zum Vorschlag, Stark-Laser als Waffen zu behandeln: "Die missbräuchliche Verwendung eines Gegenstands macht diesen noch nicht zur Waffe", sagte ein Sprecher. Hintergrund ist die Sorge, dass damit auch andere Gegenstände als Waffen klassifiziert werden müssten, die eigentlich keine sind.

Hinzu kommt, dass das gezielte Blenden von Piloten bereits zweifach unter Strafe gestellt ist: Zum einen fällt eine Laser-Attacke auf Flugzeuge oder Helikopter unter den Straftatbestand des "gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr" und kann eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren nach sich ziehen. Darüber hinaus untersagt die deutsche Luftverkehrsordnung den Betrieb von Scheinwerfern und Lasern im Umkreis von 1,5 Kilometern um Flugplätze - wer dagegen verstößt, muss bis zu 50.000 Euro zahlen.

Allein, so richtig abschreckend scheinen die drohenden Strafen angesichts der steigenden Fallzahlen doch nicht zu sein. Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff ist daher skeptisch, ob eine abermalige rechtliche Einschränkung wirklich zu einer Lösung des Laser-Problems führen würde. "Auch die bisherige gesetzliche Handhabung bietet ja keinen wirklichen Schutz", sagte er.

Außerdem kommen die zumeist jugendlichen Täter ohnehin oft glimpflich davon, wie ein aktueller Fall aus Hamburg zeigt. Anfang März verurteilte das Hamburger Amtsgericht zwei 18 und 19 Jahre alte Männer zu 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit beziehungsweise 14 Tagen Jugendarrest, weil sie von einem Balkon aus mehrere Verkehrsflugzeugpiloten blendeten, die im Landeanflug auf den Hamburger Flughafen waren. Dabei handelte es sich um Maschinen, die aus Mallorca, München, Frankfurt und Teneriffa kamen. Der Flugverkehr wurde nach den Attacken umgeleitet.

"Vielfach sind es noch Kinder, die mit den Laserpointern spielen, manche sind nicht einmal strafmündig. Dort bringt ein Verbot nicht viel, stattdessen müsste Aufklärungsarbeit geleistet werden", sagt Winfried Hermann, Verkehrspolitiker der Grünen.

Importbeschränkungen auf starke Laser kann sich der FDP-Innenpolitiker Wolff schon eher vorstellen, weil sie das Problem stärker an der Wurzel packen. Das sieht auch Winfried Hermann von den Grünen so. "Mir wäre es am liebsten, diese starken Lasergeräte wären in Deutschland gar nicht zu bekommen", sagte er und sprach sich für ein kombiniertes Besitz- und Importverbot aus. Unterstützung kommt auch von der Fraktion der Linken. "Es besteht dringender Handlungsbedarf. Wir teilen die Auffassung der Pilotenvereinigung Cockpit, dass der Besitz von starken Lasern im Privatbereich stärker reglementiert werden muss", sagt der Verkehrspolitiker Herbert Behrens.

Wie eine solche Reglementierung im Detail rechtlich ausgeführt werden kann, ist allerdings noch offen. Doch Jörg Handwerg, der Sprecher der Pilotengewerkschaft, ist optimistisch: "Juristen finden bei solchen Sachen doch immer irgendwie einen Weg."

© SZ vom 28.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: