Lange Haftstrafe für Babysitter:Richter empfiehlt Pädophilem chemische Kastration

Wegen sexuellen Missbrauchs von Kleinkindern ist ein Babysitter in Detmold zu elfeinhalb Jahren Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Zur Auflage für eine Entlassung machte der Richter eine Hormonbehandlung. Zum Verhängnis wurden dem Angeklagten Ermittlungen in den USA.

Er täuschte Richter, er täuschte seine Lebensgefährtin. Jetzt wurde ein Babysitter wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Detmold zu einer Gefängnisstrafe von elfeinhalb Jahren und Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Richter machte eine freiwillige Hormonbehandlung für den 28-Jährigen zur Voraussetzung, um jemals wieder freizukommen. Der Mann hatte zugegeben, drei Jungen im Alter zwischen acht Monaten und vier Jahren bis hin zum Geschlechtsverkehr sexuell missbraucht zu haben.

In seinem Schlusswort sagte der Angeklagte, er werde sich einer medikamentösen Behandlung nicht verschließen, wenn sie unbedingt notwendig sei. Richter Michael Reineke warb in seiner Urteilsbegründung eindringlich bei dem 28-Jährigen, sich einer solchen Hormonbehandlung zu unterziehen. Das hatte auch die Gutachterin empfohlen. Die sexuelle Vorliebe des Mannes für Kleinkinder sei anders nicht in Griff zu bekommen. "Einfach nur Gesprächstherapie, das kann es nicht sein", sagte Reineke. Abhilfe sei nur von einer Hormonbehandlung zu erhoffen. "Nur dann, wenn Sie das machen, kommen Sie auch wieder in Freiheit", sagte Reineke.

Der Angeklagte aus Lemgo in Nordrhein-Westfalen wollte eigentlich Erzieher werden. Aber bereits 2008 war er vom Amtsgericht der Stadt zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte zahllose kinderpornografische Bilder und Schriften gesammelt.

2010 verurteilte ihn das Landgericht Detmold zu vier Jahren und drei Monaten Haft wegen schweren sexuellen Missbrauchs. Damals hatte er vor Gericht zugegeben, den kleinen Sohn seiner Lebensgefährtin missbraucht zu haben. In dem Urteil von damals hieß es noch, der junge Mann habe sich als geständig erwiesen und wolle einen Schlussstrich unter sein Fehlverhalten ziehen.

Doch dann wurde ihm das weltweite kriminelle Netz der Pädosexuellen zum Verhängnis. US-Ermittler stießen auf Fotos missbrauchter Kinder. Ein Hinweis führte zu zwei Männern, die in Amsterdam einen Kindergarten betrieben. Sie hatten 86 Kinder missbraucht. Die bei den Männern gefundenen Fotos und Telefonnummern brachten die Ermittler auf die Spur des 28-Jährigen aus Lemgo. Schnell wurde klar: Er hatte den Richtern 2010 zahlreiche Taten verschwiegen. Die Opfer waren neben dem Sohn seiner Lebensgefährtin zwei Jungen, die er als Babysitter beaufsichtigen sollte.

In diesem Prozess hatten Verteidigung und zwei der drei Nebenkläger eine Vereinbarung über Schmerzensgeld geschlossen. Zwei der Opfer sollen nunmehr 15.000 und 10.000 Euro Schmerzensgeld bekommen. Eine Hormonbehandlung, auch chemische Kastration genannt, unterbindet die Produktion des männlichen Sexualhormons. Sie kann aber nur auf Wunsch des Betroffenen angewandt werden. Richter Reineke ging auch auf die hohen Hürden für eine Sicherungsverwahrung ein. Sie dürfe nur in Extremfällen verhängt werden. "Für uns ist das hier ein Extremfall."

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