"Landshut":Die alte Freundin

Der Co-Pilot Jürgen Vietor und die Stewardess Gabriele von Lutzau waren 1977 als Geiseln in einer Boeing 737 gefangen. Nach 40 Jahren stehen sie nun zum ersten Mal wieder im Inneren der "Landshut".

Von Joachim Käppner

Kann man einem Gegenstand dankbar sein? Geht das überhaupt? Gabriele von Lutzau sagt: "Ich bin der Maschine wirklich dankbar, dass sie so lange durchgehalten hat", denn der früheren Landshut verdanke sie ihr Leben. Vergangene Woche stand die ehemalige Stewardess erstmals seit 40 Jahren wieder im Inneren der Boeing 737, in der sie 1977 als Geisel gefangen war. "Das Wiedersehen war aufregend, spannend, bewegend, aber ein durch und durch positives Erlebnis."

Am 13. Oktober 1977, auf dem Höhepunkt des Deutschen Herbstes, hatte ein palästinensisches Terrorkommando die Lufthansa-Maschine entführt, um die RAF-Häftlinge freizupressen. Tagelang dauerte der Irrflug, dann, am 18. Oktober, stürmte die Spezialeinheit GSG 9 das Flugzeug und befreite die Geiseln. Seit Wochen laufen nun Bemühungen von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), die alte Landshut zurück nach Deutschland zu bringen. Sie strandete nach vielen Besitzerwechseln 2008 in der brasilianischen Küstenstadt Fortaleza. Das Auswärtige Amt kümmert sich, noch aber ist weder der Standort bekannt noch gibt es ein Museumskonzept.

Die Stewardess Gabriele von Lutzau und Copilot Jürgen Vietor haben 1977 durchgehalten: Vietor steuerte das schwer angeschlagene Flugzeug nach Mogadischu, nachdem die Terroristen den Kapitän, Jürgen Schumann, ermordet hatten; Gabriele von Lutzau wurde später in der Presse als "Engel" gefeiert, weil sie so vielen Menschen half. Für eine TV-Dokumentation des Südwestrundfunks (SWR) zum 40. Jahrestag der Entführung flogen die beiden jetzt nach Fortaleza. Die Fotografin Felicitas von Lutzau hat ihre Mutter begleitet und die Aufnahmen gemacht, die auf dieser Seite zu sehen sind.

Im Inneren erinnert nur noch wenig an die frühere Landshut, sie wurde zuletzt als Frachtmaschine genutzt. Sitze und Inneneinrichtung sind fort, das Cockpit ist teilweise umgerüstet. Aber die Betriebsanleitung und viel Kleinkram liegen immer noch herum. Die Maschine ist weiß übertüncht, man sieht ihr an, dass sie schon lange nicht mehr flugtauglich ist. Sie müsste auseinandergebaut, per Schiff transportiert und in Deutschland wieder zusammengesetzt werden.

Gabriele von Lutzau ist ein lebensfroher Mensch, sie sagt über den Besuch: "Es war, als ob man nach vielen Jahren eine alte Freundin treffen würde. Ihr gehört noch immer mein Herz."

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