Kronzeuge belastet Frank Hanebuth:Hannoveraner Hells-Angels-Chef soll Mordauftrag erteilt haben

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Aussage unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen: In schusssicherer Weste und von den Zuschauern durch eine Glasscheibe getrennt erhebt ein Ex-Hells-Angels-Mitglied in Kiel massive Vorwürfe gegen das Oberhaupt der Hells Angels in Hannover. Der Rocker-Chef soll die brutale Hinrichtung eines Türken veranlasst haben.

Der frühere Chef einer Kieler Rockergruppe hat den Hannoveraner Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth bei einer Aussage im Kieler Landgericht massiv belastet. Hanebuth habe eine zentrale Rolle im Norden gespielt und auch die Ermordung eines Türken in Kiel in Auftrag gegeben, sagte der frühere Präsident der inzwischen aufgelösten Rockerbande Legion 81, einer Art Hilfstruppe der Hells Angels.

Kronzeuge belastet Hannoveraner Hells-Angels-Chef: Frank Hanebuth soll auch bei kriminellen Machenschaften der Kieler Hells Angels seine Finger im Spiel gehabt haben. (Foto: dpa)

Der belastete Hannoveraner Rocker-Chef wies die Anschuldigungen über seinen Anwalt zurück. "Sofern es um Herrn Hanebuth geht, sagt er die Unwahrheit", sagte Jurist Götz von Fromberg. Der hannoversche Hells-Angels-Chef kenne den Mann gar nicht, der in Kiel ausgesagt habe. Aufgrund der Angaben des Ex-Rockers war in der vergangenen Woche Hanebuths Privathaus von Spezialkräften der Polizei durchsucht worden.

Der Angeklagte, der unter Zeugenschutz steht, sagte unter schärfsten Sicherheitsbedingungen aus. Er trug im Gerichtssaal eine schusssichere Weste. Der Zuschauerraum war mit einer Glasscheibe abgetrennt. Wohl zu Recht. "Der ist tot", drohte ein tätowierter Mann von dort indirekt dem Angeklagten.

Vom Mord an dem Türken habe er auf einer Weihnachtsfeier 2010 erfahren, als er in den inneren Führungszirkel der Kieler Hells Angels aufgenommen worden sei, sagte der Angeklagte, der in Rockerkreisen auch unter dem Namen "Kugelblitz" bekannt sein soll. Die Polizei sucht seit einer Woche in einer Lagerhalle der Hells Angels in Altenholz bei Kiel nach sterblichen Überresten des Türken, der vor zwei Jahren spurlos verschwand - bislang ohne erkennbaren Erfolg.

Der Kieler Ex-Rocker berichtete, wie ihm das Verbrechen geschildert worden sein soll. Demnach sei der Türke von Hells Angels stundenlang gequält, mit einem Werkzeug anal gefoltert, angeschossen und schließlich vom sogenannten Sergeant der Kieler Hells Angels mit einem Kopfschuss getötet worden. Geräusche wie ein Seehund habe das Opfer während der Torturen gemacht und geröchelt, während die Täter sich darüber amüsiert hätten.

Persönlicher Auftrag vom Rocker-Chef

Zum Motiv sagte der Ex-Rocker, der Türke sei in Ungnade gefallen. Es sei um Waffengeschäfte, Prostitution und viel Geld gegangen. Im übrigen habe es ein Kopfgeld für den Türken gegeben, der selber einen Kurden getötet hatte. Der Vater des Kurden soll 100.000 bis 150.000 Euro ausgelobt haben.

Der Hannoveraner Hells-Angels-Chef Hanebuth hatte den Aussagen zufolge insgesamt großen Einfluss auf die Kieler Hells Angels. Er habe die Finanzlage in Kiel überwacht. Für den Gebrauch von Schusswaffen sei jeweils das Okay Hanebuths notwendig gewesen, sagte der Angeklagte vor Gericht. Als ein Beispiel nannte er "einen gezielten Warnschuss" auf einen Rocker der mit den Hells Angels verfeindeten Bandidos in Preetz im Kreis Plön. Dort hatten die Bandidos ein eigenes Chapter aufbauen wollen, was die Hells Angels mit massivem Druck verhindert hätten.

Hanebuth habe ihm persönlich in einem thailändischen Restaurant in Kiel für das Vorgehen in Preetz einen Umschlag mit 5000 Euro gegeben - 3000 Euro quasi als Honorar plus 2000 Euro für den Kauf eines Autos zur Ausführung der Tat, sagte der Ex-Rocker. Es reiche, wenn die Bandidos in Preetz einen Denkzettel erhielten, habe Hanebuth ihm gesagt.

Der Hannoveraner Rocker-Chef soll auch über sogenannte "Hausbesuche" der Hells Angels entschieden haben - "das heißt in unserer Sprache, dass auf jemanden geschossen oder die Kniescheibe kaputtgehauen wird", sagte der Angeklagte vor Gericht. Im Endeffekt werde der Tod des jeweiligen Opfers in Kauf genommen.

Die Hells Angels hätten in einer Tasche Waffen für den "Ernstfall" aufbewahrt, sagte der Ex-Rocker aus Kiel, Pistolen, eine abgesägte Schrotflinte, eine Handgranate. "Wenn auf einen von uns geschossen wird, dann soll die Handgranate fliegen und drei von denen (den rivalisierenden Rockern) erschossen werden", habe die Vorgabe gelautet.

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