Krise bei Unicef Deutschland:Großspender und Sponsoren wenden sich ab

Die Schlampereien beim Kinderhilfswerk Unicef ziehen immer weitere Kreise: Sponsor Payback fordert personelle Konsequenzen, Spender und Ehrenamtliche ziehen sich zurück.

Die Krise bei Unicef Deutschland hat bei Großspendern und Sponsoren der Organisation Empörung ausgelöst. Der Hamburger Reeder und Initiator der Unicef-Projekts "Schulen für Afrika", Peter Krämer, zeigte sich gegenüber der Zeitung Die Welt "entsetzt" über die Vorgänge bei dem Kinderhilfswerk. Er erwarte, dass sich Geschäftsführer Dietrich Garlichs und der Vorsitzende Reinhard Schlagintweit für die Schlampereien glaubhaft entschuldigten.

Krise bei Unicef Deutschland: Der Unicef-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit bei einer Pressekonferenz

Der Unicef-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit bei einer Pressekonferenz

(Foto: Foto: ddp)

Wichtige Formalien seien nicht eingehalten worden, kritisierte Krämer. "Wenn ein Beratervertrag in die Hunderttausende geht, genügt ein Handschlag nicht. Es muss ein schriftlicher Vertrag erstellt und von einer Kontrollinstanz genehmigt werde." Er halte es aber für überzogen, wenn solche "zu Recht beanstandeten Fehler genutzt würden, um eine ganze Organisation in Misskredit zu bringen.

Sponsoren drohen zu gehen

Payback, einer der größten Sponsoren des Hilfswerks, forderte den Unicef-Vorstand nach Informationen von Spiegel Online unterdessen per Mail dazu auf, personelle Konsequenzen zu ziehen. Sollte das nicht geschehen, werde das Unternehmen sein Geld künftig anderen Organisationen spenden, kündigte der Payback-Geschäftsführer Alexander Rittweger in dem Schreiben an.

Es riefen immer mehr beunruhigte Kunden im Call Center an und verlangten ihre an Unicef gespendeten Payback-Punkte zurück. Für Unicef wäre das ein herber Schlag: Der Rabatt-Betrieb Payback ist einer der Hauptspender des Kinderhilfswerks. Nach eigenen Angaben hat die Firma in den letzten acht Jahren "über zwei Millionen Euro" für Unicef gesammelt.

Die frühere Unicef-Chefin Heide Simonis hat Vorwürfe im Zusammenhang mit der Krise bei der Hilfsorganisation zurückgewiesen. "Das Problem von Unicef ist auf jeden Fall nicht Simonis", sagte sie der Frankfurter Rundschau.

Damit wandte sie sich gegen Anschuldigungen ihres Nachfolgers Schlagintweit. "Jetzt sollte sich jedes Vorstandsmitglied fragen, ob es auch persönliche Konsequenzen zieht."

Simonis wirft Garlichs Schlamperei vor

Simonis erhob erneut Vorwürfe gegen Vorstand und Geschäftsführung der Hilfsorganisation. Unicef-Geschäftsführer Garlichs sei zwar sehr engagiert, aber seine Arbeit sei "vielleicht doch von Sorglosigkeit, Unbekümmertheit, Großzügigkeit und Schlamperei gekennzeichnet", sagte Simonis.

Viele Menschen verstünden nicht, was abgelaufen sei. Sie könnten die Verwendung der Mittel nicht nachvollziehen. Es fehle außerdem die Transparenz. Es gebe fragwürdige Vorgänge wie die hohen Summen für Beraterverträge.

Die frühere Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein sagte außerdem, sie sei verpflichtet gewesen, Akten an die Staatsanwaltschaft weiterzugeben. In diesem Sinne hätten sie die Ermittler auch belehrt. "Als dann bei uns viele weitere Vorwürfe und Hinweise einliefen, haben wir der Aufforderung der Kripo Folge geleistet und das Material nach Köln geschickt."

Adveniat: "Es geht preiswerter"

Kritik kam unterdessen auch vom katholischen Hilfswerk Adveniat. Es kritisierte das Finanzgebaren von Unicef Deutschland und forderte Änderungen beim Spendensiegel. "Es geht deutlich preiswerter", sagte Sprecher Christian Frevel dem Kölner Stadt-Anzeiger über die 18 Prozent Verwaltungs- und Werbungskostenanteil des Kinderhilfswerks.

Wegen der Vorwürfe gegen Unicef befürchtet Adveniat eine generelle Vertrauenskrise. Ehemalige Unicef-Spender hätten bei seiner Organisation angefragt, ob diese ähnliche Projekte fördere.

Staatswanwaltschaft ermittelt gegen Garlichs

In den Medien ist seit Wochen von hohen Verwaltungskosten, dicken Provisionen an Spendensammler und teuren Beratungsdiensten bei Unicef die Rede. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt auf Grundlage dieser Presseberichte wegen eines Anfangsverdachts auf Untreue gegen Geschäftsführer Garlichs.

Tatsächlich sind aber bislang keine Hinweise auf strafrechtlich relevante Vorfälle bekannt geworden.

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