Kriminalität:Razzia in Marseille

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Die Polizei in der französischen Stadt geht gegen Drogen-Dealer und Schmuggler in der Stadt vor.

Von christian Wernicke, Paris

Bei einer Groß-Razzia in einer Hochhaussiedlung von Marseille hat die Polizei 33 mutmaßliche Drogenhändler festgenommen. Am Montagmorgen waren über 400 Polizisten in das berüchtigte Viertel La Castellane im Norden der südfranzösischen Hafenstadt vorgerückt, um ein im Viertel agierendes Drogenkartell zu zerschlagen. Nach Angaben der Behörden wurden zwei führende Köpfe des Schmugglerrings "Place du Mérou" verhaftet, zudem habe man Pistolen und Gewehre sowie mehrere Kilo Drogen konfisziert.

Das Viertel "La Castellane" ist als Hochburg der Kriminalität berüchtigt. Die Betonsiedlung aus den Sechzigerjahren, in der vor vier Jahrzehnten auch der Fußballer Zinedine Zidane aufwuchs, beherbergt ungefähr 8000 Menschen auf engstem Raum und ist längst zu einem urbanen Slum verkommen. Fast die Hälfte der Jugendlichen bricht die Schule ab, mehr als 60 Prozent der jungen Menschen in dieser Cité finden keine Arbeit. In diesem "Supermarkt der Drogen" machen die Kartelle nach Schätzung des lokalen Staatsanwalts 40 000 bis 50 000 Euro Umsatz - täglich. Innenminister Bernard Cazeneuve erklärte am Montag, in den vergangenen zwei Jahren habe man in Marseille insgesamt 1,8 Tonnen Cannabis, 102 Kilo Kokain sowie 216 Schusswaffen beschlagnahmt.

Die Razzia sorgte in Frankreich auch deshalb für Aufsehen, weil im Februar Drogenhändler in La Castellane mit Kalaschnikows auf Polizeistreifen geschossen hatten. Der Schusswechsel, bei dem wie durch ein Wunder niemand verletzt worden war, hatte sich nur wenige Stunden vor einem Besuch von Premierminister Manuel Valls ereignet. Die Schützen sollen nach Ermittlungen der Polizei aus dem Kosovo stammen und von der französischen Drogenmafia in München angeheuert worden sein. Die Gewalt im Viertel eskaliert offenbar auch, seit ein Drogenring vor zwei Jahren von den Behörden zerschlagen wurde: Seither liefern sich zwei konkurrierende Netzwerke einen Bandenkrieg um die Macht im Quartier. Zu den Festgenommenen soll auch ein Chauffeur der prominenten Senatorin Samia Ghali zählen. Die Sozialistin, die seit Jahren gegen Elend und Gewalt in den Banlieues von Marseille ankämpft, hat mehrfach gefordert, Paris solle die Armee gegen die organisierte Kriminalität in ihrer Stadt einsetzen.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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