Kriminalität:Lassen Drogenkartelle in Deutschland Endoskope stehlen?

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Begehrtes Diebesgut: Endoskope in einem Krankenhaus in München. (Foto: Catherina Hess)
  • Seit 2015 wurden allein in Deutschland mehr als 100 Diebstähle von Endoskopen registriert, der Schaden beläuft sich auf mindestens 25 Millionen Euro.
  • Ermittler rätseln seit langem, wer hinter diesen Taten steckt, da es in Deutschland keinen Schwarzmarkt für solche Geräte gibt.
  • Eine mögliche Spur führt zu südamerikanischen Drogenkartellen, die sie beim Schmuggeln verwenden könnten.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Seit einigen Jahren zerbricht man sich in den Sicherheitsbehörden der ganzen Republik den Kopf über eine rätselhafte Verbrechensserie. Unbekannte verschaffen sich Zugang zu Krankenhäusern und Arztpraxen, suchen nach medizinischen Gerätschaften, insbesondere nach Endoskopen. Das sind vergleichsweise handliche Geräte, mit denen Mediziner den Magen, den Darm oder die Atemwege untersuchen. Oft haben die Diebe Erfolg - manchmal aber auch nicht. Die Polizei in Ludwigshafen setzte vergangene Woche zwei Männer fest, die in einem Krankenhaus der Stadt auf Raubzug waren. Sie sitzen nun in Untersuchungshaft - ihr Fall könnte womöglich Licht in die mysteriöse Diebstahlserie bringen.

Denn bislang kann sich niemand erklären, warum in Deutschland und anderen europäischen Ländern gezielt Endoskope entwendet werden. Hierzulande würde kein Arzt mit einem Gerät dubioser Herkunft arbeiten, einen Schwarzmarkt für solche Instrumente gibt es nicht. Seit 2015 wurden allein in Deutschland mehr als 100 solcher Diebstähle registriert, der Schaden beläuft sich auf mindestens 25 Millionen Euro. Polizisten und Staatsanwälte sind sich sicher, dass die Übeltäter Mitglieder organisierter Banden mit Verbindungen in andere Erdteile sein müssen. Doch woher sie kommen und in wessen Auftrag sie handeln, war bislang noch völlig offen.

Die beiden Männer, der eine 30, der andere 42 Jahre alt, stammen aus Kolumbien. Sie waren beim Einbruchsversuch in Ludwigshafen an Sicherheitsvorkehrungen gescheitert und schon auf dem Rückzug. Die alarmierte Polizeistreife konnte sie noch auf dem Parkplatz des Spitals stellen. Die Ermittler prüfen auch, ob das Duo für Diebstähle in anderen Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland verantwortlich ist.

Die beiden räumen nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Trier den Einbruchsversuch ein. Zu allen weiteren Fragen schwiegen sie jedoch. Die Ermittler gehen aber davon aus, dass sie keine Einzeltäter sind, sondern zu einem Netzwerk gehören. "Der Absatz solch spezieller medizinischer Geräte dürfte ohne spezielle Kenntnisse nicht zu leisten sein", analysiert der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen. Über die Motive, die Absatzwege und die Empfänger der Gerätschaften will der Chef der Trierer Behörde nicht spekulieren. Fritzen verweist auf die laufenden Ermittlungen. Aber die Herkunft der beiden Männer nährt einen Verdacht, der sich bislang in Deutschland nicht erhärten ließ. Südamerikanische Drogenkartelle schicken Emissäre auf Klau-Trips durch Europa. Mit den Geräten kontrollierten sie dann ihre Schmuggler-Teams. Die schlucken oft Rauschgiftpäckchen und bringen sie so nach Übersee. Mit Endoskopen lässt sich überprüfen, ob tatsächlich alle Portionen im Magen gelandet sind.

Schon einmal hatte es in Deutschland einen Hinweis auf eine Kolumbien-Connection gegeben. Durch Zufall stieß die Frankfurter Polizei 2015 auf ein Trio aus dem südamerikanischen Land. Bei ihnen fand man Pakete mit medizinischem Gerät, das an dubiose Kliniken in ihrer Heimat adressiert war. In wessen Auftrag die drei handelten, konnte aber nie geklärt werden.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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