Kriminalität in Europa:Tatort London

Englands Hauptstadt ist laut einer neuen Studie die gefährlichste Stadt Europas - andere Metropolen schneiden deutlich besser ab.

Wolfgang Koydl

Wer regelmäßig die Zeitungen in London mit ihren Berichten über Morde, Überfälle und Einbrüche liest, der hatte den Verdacht ja schon lange. Doch nun ist es gleichsam amtlich: Englands Hauptstadt ist mit der höchsten Kriminalitätsrate die gefährlichste Stadt Europas, und das ganze Vereinigte Königreich nimmt in dieser Statistik einen nicht weniger betrüblichen zweiten Platz ein. Nur in Irland sind die Chancen, Opfer eines Verbrechens zu werden, noch höher als auf der Nachbarinsel.

Die europaweit von einer Behörde der Vereinten Nationen durchgeführte Studie hat amtliche Zahlen von Ministerien und Polizeistellen bewusst außer Acht gelassen und stattdessen Bürger befragt, ob sie in den vergangenen zwölf Monaten Opfer einer kriminellen Tat geworden sind.

Das Ergebnis: Waren es im europaweiten Durchschnitt 15 Prozent der Befragten, die bestohlen, betrogen, überfallen oder vergewaltigt worden waren, so waren es 21 Prozent aller befragten Briten und 22 Prozent der Iren. In London waren es sogar 32 Prozent aller Bewohner - weit mehr als in New York (23 Prozent), Istanbul (18 Prozent) oder Lissabon (10 Prozent).

Bei den Regierungen in Dublin und London hat die Erhebung der Vereinten Nationen Empörung ausgelöst, läuft sie doch Statistiken zuwider, wonach die Verbrechensraten in den vergangenen Jahren beständig gesunken sein sollen. Grundsätzlich bestätigen das auch die Autoren der Studie - freilich mit der Einschränkung, dass die Kriminalität in allen anderen europäischen Ländern weitaus schneller und dramatischer zurückgegangen sei.

Im Detail schlüsselt die Untersuchung auf, dass Briten die größte Gefahr laufen, Opfer eines Einbruchs zu werden: 3,5 Prozent aller Befragten ist dieses Schicksal bereits widerfahren, verglichen mit 1,7 Prozent im europäischen Durchschnitt. Ähnlich dramatisch verhält es sich mit Überfällen und sogenannten Hass-Verbrechen mit einem fremdenfeindlichen Hintergrund. Auch sie sind der Befragung zufolge in Großbritannien überdurchschnittlich stark vertreten.

Ein schwacher Trost für Briten mag sein, dass sie weniger häufig als andere Europäer wegen Bestechung und Korruption in Mitleidenschaft gezogen werden. Im Gegensatz zu Polizisten etwa in Osteuropa halten Bobbys ihre Hand für Schmiergelder nicht auf.

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