Kriminalität:Der Fall Stephanie

PK Polizei und Staatsanwaltschaft

Blumen für Stephanie: eine Beamtin auf der Pressekonferenz.

(Foto: Bodo Schackow/dpa)

Im Sommer 1991 verschwindet ein Mädchen, es wird sexuell missbraucht und getötet. Nun, nach mehr als einem Vierteljahrhundert, wurde der Täter gefasst. Stehen weitere Kindermorde vor der Aufklärung?

Von Verena Mayer, Berlin

Das letzte Lebenszeichen der zehnjährigen Stephanie stammt vom Sommer 1991. Da war das Mädchen mit einer Freundin in einer Parkanlage in Weimar unterwegs und schloss sich einem Unbekannten an, um mit ihm das Schloss Belvedere zu besichtigen, der Mann hatte Stephanie dafür 50 Mark geboten. Wenige Tage später wurde die Leiche des Kindes unter einer Autobahnbrücke gefunden, zwanzig Kilometer von Jena entfernt. Dass das Mädchen entführt und getötet worden war, stand schnell fest. Es dauerte allerdings mehr als ein Vierteljahrhundert, bis der Täter gefasst werden konnte.

Dieser ist 65 Jahre alt und lebte in Berlin. Als Fernfahrer war er jedoch in ganz Deutschland unterwegs, wie die Polizei Jena und die Staatsanwaltschaft Gera am Dienstag mitteilten. Als die Polizei am Wochenende seine Berliner Wohnung stürmte, versuchte der Mann erst, sich mit einer Eisenstange zu wehren. Inzwischen hat er die Tat gestanden. Den Ermittlern zufolge hat er das Mädchen sexuell missbraucht und danach von der Autobahnbrücke mehr als 50 Meter in die Tiefe geworfen, um die Tat zu vertuschen. Er ist inzwischen in Haft.

Seit 2016 gibt es die Soko "Altfälle"

Dass die Polizei ihm nun auf die Spur kam, liegt einerseits daran, dass 2016 eine Sonderkommission mit dem Namen "Altfälle" eingesetzt wurde, die sich noch einmal die ungeklärten Verbrechen an Kindern in den thüringischen Städten Jena und Weimar vornahm. Zum anderen haben sich die Ermittlungsmethoden in den vergangenen Jahren immer weiter verfeinert. Zwar konnten schon 1991 DNA-Spuren sichergestellt werden, die Möglichkeiten der Auswertung waren jedoch noch begrenzt. Die Sonderkommission nahm sich die Spuren noch einmal vor und glich sie mit ihren Datenbanken ab. Dabei fiel einer Ermittlerin auf, dass Spuren aus einem Sexualdelikt aus den Neunzigerjahren zum Fall Stephanie passten.

Denn der mutmaßliche Mord an dem Mädchen war nicht die erste Tat des Fernfahrers. Dem Sender MDR zufolge musste sich der Mann, der in Weimar geboren wurde, bereits zu DDR-Zeiten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht verantworten. In den Neunzigerjahren soll er abermals mehrere Kinder missbraucht haben, in zwei Fällen verbunden mit Entführungen. Deswegen wurde er 1996 vom Landgericht Gera zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Er kam 2013 frei, ging nach Berlin, wo er unauffällig lebte, war viele Jahre verheiratet.

Genauere Details zur Tat gaben die Behörden nicht bekannt. Aus ermittlungstaktischen Gründen - und weil in der Region noch zwei weitere Verbrechen an Kindern ungeklärt sind. Der neun Jahre alte Bernd verschwand 1993 in Jena, zwölf Tage später wurde er tot am Ufer der Saale entdeckt. Auch der Mörder der zehnjährigen Ramona aus Jena-Winzerla wurde nie gefasst. Ramona verschwand im Sommer 1996, ihre Leiche wurde später in einem Waldstück entdeckt.

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